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25.05.2021 | DDG-Jahrestagung 2021 | Kongressbericht | Nachrichten

Mehr Sport und weniger sitzen

Runter vom Sofa!

verfasst von: Dr. Miriam Sonnet

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Diabetes-Patienten profitieren von Bewegung. Dabei kommt es weniger darauf an, welcher Sportart sie nachgehen, sondern vielmehr, dass sie überhaupt aktiv sind. Entscheidend ist die Adhärenz zu mehr körperlicher Aktivität.

Sport ist Mord? Ganz im Gegenteil. Körperliche Aktivität spielt für Prävention und Therapie vieler Erkrankungen eine entscheidende Rolle. Das gilt auch für den Typ-2-Diabetes. Prof. Dr. Dr. Christine Joisten von der Deutschen Sporthochschule Köln betonte, dass es bei Bewegung weniger darum ginge, dass Patienten Gewicht verlieren – das passiere mit Sport sowieso nur in einem geringen Ausmaß. Vielmehr habe körperliche Aktivität zahlreiche positive Effekte auf den Körper, von denen auch Menschen mit Typ-2-Diabetes profitieren. Dabei gäbe es keine „richtige“ oder „falsche“ Bewegung. „Wir müssen es nur anpassen auf den Patienten, der vor uns sitzt“, sagte die Referentin „und wir müssen schauen, welche Empfehlungen passen.“

Je mehr, desto besser

Wie sich körperliche Aktivität auf die Mortalität von u.a. Menschen mit Typ-2-Diabetes auswirkt, wurde in einem systematischen Review untersucht [1]. Höhere Aktivitätslevel waren mit geringeren Mortalitätsraten assoziiert. „Je mehr man macht, umso besser“, so Prof. Joisten. Als Einstieg für einen Patienten, der sich wenig bewege, eigne sich aber vor allem ein niedrigintensives Training. Auch in Bezug auf die Prävention ist Bewegung nicht zu unterschätzen: Die Autoren eines weiteren systematischen Reviews postulieren, dass sich durch eine verbesserte kardiorespiratorische Fitness zwischen 4% und 21% neue Typ-2-Diabetes-Fälle in der Gruppe der 45- bis 64-Jährigen vermeiden lassen [2].

Entsprechend den Empfehlungen der Amerikanischen Diabetes-Assoziation sollten Patienten, neben regelmäßiger körperlicher Aktivität, ihre Sitzzeit reduzieren, berichtete die Referentin weiter. Langanhaltende Sitzphasen sind alle 30 Minuten zu unterbrechen. Eine weitere Empfehlung: Ältere Betroffene sollten zwei- bis dreimal pro Woche ein Flexibilitäts- und Gleichgewichtstraining absolvieren. Yoga und Tai Chi kann – je nach individueller Neigung – ebenfalls nachgegangen werden, um Beweglichkeit, Muskelkraft und Gleichgewicht zu steigern. Beides kann auch den HbA1c und den postprandialen Blutzuckerspiegel senken, erläuterte Prof. Joisten.

Im Kontext von Adipositas müsse man die Bewegungsumfänge aber erhöhen, betonte die Expertin, und diese sollten mit Ernährungsumstellungen kombiniert werden. Wird körperliches Training zur Gewichtsabnahme eingesetzt, so könne man oft nicht mehr als zwei bis drei Kilo Verlust erwarten. Dies müsse man den Patienten kommunizieren, da sich die meisten von Sport zu viel erhoffen. „Viele Leute gehen ins Fitnessstudio, machen Sport und denken, sie könnten hinterher essen“, sagte die Referentin, aber „man macht Sport aus anderen Gründen.“

Realistische Ziele setzen

Doch wie lassen sich die Empfehlungen nach mehr Bewegung im Alltag umsetzen? Immerhin deuten die Daten eines aktuellen systematischen Reviews darauf hin, dass die Adhärenz von Patienten mit Typ-2-Diabetes an eine körperliche Aktivität median nur 58 % beträgt. Absolvierten die Teilnehmer ein supervidiertes Training so war ihre Adhärenz besser als bei solchen, die ein Fern-Coaching erhalten hatten [3]. Um das zu verbessern, sei es wichtig, den Patienten zu erklären, warum sie von Bewegung profitieren. Außerdem müssten individuelle Ziele gesetzt und individualisierte Programme etabliert werden. „Kleine Schritte sind etwas ganz Essenzielles“, betonte Prof. Joisten. Weitere wichtige Aspekte sind soziale Unterstützung, die Bewältigung von Hindernissen, die Stärkung von Ressourcen ggf. mit professioneller Unterstützung, die Bildung von Gewohnheiten und die Integration in den Alltag. Die Referentin wies zudem darauf hin, dass es einen großen Unterschied mache, ob man von „Sport“ oder von „Bewegung“ spreche. „Sport macht den Leuten in der Regel Angst.“

Mit dem FITT-Prinzip – ein Akronym für Frequency, Intensity, Time und Type – könne man den Patienten Bewegung näherbringen. Um die Frequenz zu erhöhen, sei es ratsam, zunächst einen aktiveren Alltag zu empfehlen. Weiterhin sollten Betroffene langsam mit dem Training beginnen und die Intensität nach und nach erhöhen. Die Zeit der körperlichen Aktivität lässt sich ebenfalls kontinuierlich steigern, z.B. mit mehr Schritten pro Tag. Schon 1000 Schritte mehr können die Mortalität senken. Wichtig ist vor allem der Spaß an der Bewegung – und eben die motivierende Beratung.

Quelle: Diabetes Kongress 2021 (virtuell), 12. – 15. Mai 2021; Session: Training bei Diabetes

Literatur

1. Geidl W et al. Int J Behav Nutr Phys Act. 2020 Aug 26;17(1):109.

2. Tarp J et al. Diabetologia. 2019 Jul;62(7):1129-114

3. MacDonald CS et al. Diabetes Metab Res Rev. 2021 Mar 8;e3444.

Weitere Artikel finden Sie in unserem Kongressdossier.

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