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Myositis-spezifische Autoantikörper

Verfasst von: W. Stöcker und W. Schlumberger
Myositis-spezifische Autoantikörper
Synonym(e)
Myositis-assoziierte Autoantikörper
Englischer Begriff
myositis-specific autoantibodies
Definition
Die Autoimmun-Myositis (idiopathische inflammatorische Myopathie) bezeichnet eine Gruppe systemischer Autoimmunerkrankungen mit Entzündung der Skelettmuskulatur, sie ist mit verschiedenen serologisch identifizierbaren Autoantikörpern assoziiert (s. Abbildung).
Traditionell werden Myositis-spezifische und Myositis-assoziierte Antikörper unterschieden. Letztere sind nicht krankheitsspezifisch, sie treten auch bei anderen Kollagenosen, wie dem Überlappungssyndrom mit systemischer Sklerose auf. Bei beiden Gruppen handelt es sich um wichtige Marker in der Myositisdiagnostik.
Probenstabilität
Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg.
Analytik
Für den Nachweis Myositis-spezifischer und -assoziierter Autoantikörper in Serum oder Plasma kommen verschiedene Techniken infrage: indirekte Immunfluoreszenz (Immunfluoreszenz, indirekte) mit Gewebeschnitten oder Zellkultursubstraten, Enzymimmunoassay, Immunblot und andere.
Untersucht werden vorwiegend Autoantikörper der Immunglobulinklasse IgG, die wichtigsten bekannten Zielantigene sind: PM-Scl-75, PM-Scl-100, Ku, Mi-2, SRP, HMGCR, Jo-1, PL-7, PL-12, OJ, EJ, TF1gamma, MDA5, NXP2, SAE, cN-1A.
Referenzbereich
Negativ.
Interpretation
Autoantikörper gegen PM-Scl (PM-1) sind gegen mehrere Proteine des nukleolären PM-Scl-Makromolekularkomplexes gerichtet. Die beiden Haupt-Antigen-Protein-Komponenten sind PM-Scl-75 und PM-Scl-100, die nach ihren Molekulargewichten unterschieden werden. Die Antikörper werden bei bis zu 15 % der Patienten mit idiopathischer Myositis nachgewiesen, am häufigsten bei Patienten mit Überlappungssyndrom (Overlap-Syndrom). Dieses vereinigt Symptome von Polymyositis, Dermatomyositis und progressiver systemischer Sklerose. Patienten mit Systemsklerose allein zeigen hauptsächlich Antikörper gegen PM-Scl-75, während bei Patienten mit dem Krankheitsbild des Überlappungssyndroms die Autoantikörper gegen PM-Scl-75 und PM-Scl-100 gerichtet sind. Bei Tests, die ausschließlich Anti-PM-Scl-100 detektieren, bleibt ein Teil der Patienten mit Systemsklerose unentdeckt.
Autoantikörper gegen Ku treten häufig beim Überlappungssyndrom von Poly-/Dermatomyositis und systemischer Sklerose auf (Prävalenz 25–50 %), häufig einhergehend mit einem primären pulmonalen Hypertonus. Zudem werden sie auch bei Myositis, systemischer Sklerose und systemischen Lupus erythematodes nachgewiesen.
Autoantikörper gegen Mi-2 werden bei ca. 5–30 % der Patienten mit idiopathischer Myopathie beobachtet, sie gelten als spezifisch für eine Dermatomyositis, häufig mit Nagelfalz-Hyperthrophie.
Autoantikörper gegen SRP präsentieren sich bei Polymyositis und Dermatomyositis, in ca. 5 % der Fälle. Sie sind zudem Marker für die nekrotisierende Myopathie. Ihre Symptome sind akute, schwere, proximale, symmetrische Skelettmuskelschwäche, Muskelschmerzen, mitunter ist auch der Herzmuskel beteiligt. Extramuskuläre Krankheitszeichen können interstitielle Lungenerkrankungen sein. Als weitere putative Marker für eine nekrotisierende Myopathie gelten außerdem Antikörper gegen HMGCR, die mit einer Prävalenz von ca. 6 % auftreten. Der Verdacht, Anti-HMGCR wären spezifisch mit Statin-induzierter Myositis assoziiert, scheint sich nicht zu bestätigen.
https://media.springernature.com/b30/springer-static/image/chp%3A10.1007%2F978-3-662-49054-9_2213-1/MediaObjects/77759_0_De_2213-1_Figa_HTML.gif?as=jpg&s=1 Anti-Jo-1-Antikörper werden bei Polymyositis mit einer Prävalenz von 25–35 % angetroffen. Sie sind häufig mit gleichzeitig bestehenden anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert wie systemischen Lupus erythematodes, Systemsklerose, interstitieller Lungenfibrose, Raynaud-Syndrom, Polysynovitis.
Anti-PL-7-Antikörper kommen mit einer Prävalenz von ca. 3–6 % bei Myositis vor, z. T. überlappend mit systemischem Lupus erythematodes, Systemsklerose oder interstitieller Lungenfibrose.
Anti-PL-12-Antikörper werden mit einer Prävalenz von bis zu 3 % bei Myositis nachgewiesen.
Anti-OJ-Antikörper sind assoziiert mit Myositis (Prävalenz 3 %) und interstitieller Lungenfibrose (Prävalenz 3 %). Weiter findet man Anti-OJ bei Raynaud-Syndrom und bei Overlap-Syndrom mit rheumatoider Arthritis. Hauptsymptome sind Muskelschwäche, z. T. in Verbindung mit Polyarthritis.
Anti-EJ-Antikörper sind diagnostische Marker für Polymyositis. Sie können auch bei interstitieller Lungenfibrose, bei Overlap-Syndrom mit systemischem Lupus erythematodes, Arthritis und Raynaud-Syndrom festgestellt werden.
Anti-TIF1γ-Antikörper sind hauptsächlich mit Dermatomyositis (Prävalenz ca. 20–30 %) assoziiert, häufig liegt parallel eine Tumorerkrankungen vor.
Anti-MDA5-Antikörper finden sich mit einer Prävalenz von durchschnittlich etwa 20 % (häufiger in asiatischen Populationen) in Patienten mit Dermatomyositis, die durch schwere Hautveränderungen und Lungenbeteiligung gekennzeichnet ist.
Anti-NXP2-Antikörper treten bei bis zu 25 % juveniler Dermatomyositis als auch bei ca. 5–10 % adulter Dermato- und Polymyositis auf, Tumorassoziationen sind möglich.
Anti-SAE-Antikörper findet man bei einem Syndrom, das mit schweren Hautveränderungen beginnt, im späteren Krankheitsverlauf tritt Muskelschwäche hinzu, die Prävalenz liegt bei 6–8 %.
Antikörper gegen cN-1A (Autoantikörper gegen Mup44) sind insbesondere mit der sporadischen Einschlusskörpermyositis („sporadic inclusion body myositis“, sIBM) assoziiert und treten hier mit einer Prävalenz von 30–40 % auf.
Anti-Ro-52-Antikörper treten mit einer Prävalenz von ca. 30 % bei Myositis auf. Sie sind nicht krankheitsspezifisch und kommen auch bei einigen rheumatischen und nicht rheumatischen Erkrankungen vor, etwa bei neonatalem Lupus erythematodes mit kongenitalem Herzblock.
Literatur
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Scheper T, Klatt P, Teegen B, Jarzabek-Chorzelska M, Kolacinska-Strasz Z, Meyer W, Schlumberger W, Stöcker W (2002) Anti-Mi-2 Western Blot: A new test for the serological detection of myositis specific autoantibodies. Autoimmun Rev 1(1–2):17