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Dissoziative Störungen und Konversionsstörungen im Kindes- und Jugendalter

Verfasst von: Romuald Brunner und Franz Resch
Plötzlich auftretende Bewegungsstörungen im Sinne einer vollständigen oder partiellen Lähmung der Arme oder Beine oder Krampfanfälle, die in der Symptomatik eine neurologische Genese im Sinne einer Epilepsieerkrankung nahelegen, sind charakteristische Phänomene der dissoziativen Störungen vom Konversionstypus. Bei den dissoziativen Störungen vom Bewusstseinstypus sind hingegen den Patienten ängstigende Wahrnehmungsstörungen im Sinne von Entfremdungserleben im Hinblick auf die eigene Person sowie auch z. B. der Verlust der Erinnerung an biografisch wichtige Ereignisse charakteristisch. Auch wenn überschneidende Aspekte in der Phänomenologie und Pathogenese zwischen beiden Subtypen der dissoziativen Störungen charakteristisch sind, stehen beim Bewusstseinstypus Störungen des Gedächtnisses und der Wahrnehmung im Vordergrund, wohingegen bei den Konversionsstörungen Störungen der Selbststeuerung im Vordergrund stehen, die sich z. B. in Form eines Kontrollverlusts über Körperbewegungen zeigen können. Häufig zeigt sich auch ein Mischbild von dissoziativen Bewusstseinssymptomen (Amnesien, Depersonalisationserleben) in Kombination mit dissoziativen Phänomenen vom Konversionstypus (z. B. Bewegungsstörungen und Sensibilitätsstörungen). Die Komplexität der klinischen Phänomenologie und ihrer altersspezifischen Variationen erschweren jedoch eine exakte Definition und nosologische Zuordnung. In der ICD-10-Klassifikation werden im Gegensatz zum DSM-5 die dissoziativen Bewusstseinsstörungen und die dissoziativen Störungen vom körpersymptomatischen Typus (Konversionsstörungen) zusammengefasst. Bei den Bewusstseinsstörungen stellen sich die bedeutsamsten Differenzialdiagnosen gegenüber den schizophrenen und Borderline-Persönlichkeitsstörungen, bei den Konversionsstörungen sind differenzialdiagnostisch eine Vielzahl von körperlichen und insbesondere neurologischen Erkrankungen auszuschließen. Die Ätiologie- und Pathogenesemodelle sind multimodal und basieren wesentlich auf Konzepten der neueren Traumaforschung, auf Stressverarbeitungsmodellen und deren neurobiologischen Mechanismen. Neben der Assoziation mit einem repetitiven selbstverletzenden Verhalten stellen dissoziative Symptome im Rahmen der Borderline-Persönlichkeitsstörung einen besonderen Stellenwert dar. Darüber hinaus bildet die dissoziative Symptomatik eine Kernsymptomatik im Rahmen der akuten Belastungsreaktion und der posttraumatischen Belastungsstörung. Kontrollierte Therapiestudien bei Kindern und Jugendlichen stehen bisher noch aus. Aufgrund fehlender epidemiologischer Studien in der Allgemeinbevölkerung liegen keine verlässlichen Prävalenzahlen zum Auftreten dissoziativer Störungen und der Konversionsstörungen vor.

Symptomatologie der dissoziativen Bewusstseinsstörungen

Die dissoziative Symptomatik wird in ihrer heutigen modernen Konzeption (Putnam 1997) als ein komplexer psychophysiologischer Prozess angesehen, der von geringfügigem physiologischen Ausprägungsgrad, z. B. exzessiven Tagträumen über periodisch auftretende Depersonalisationszustände bis hin zu ausgeprägten psychiatrischen Störungen wie der dissoziativen Identitätsstörung reicht. Die dissoziative Kernsymptomatik wird nach dem Konzept von Putnam (1997) in primäre dissoziative Symptome wie Amnesien oder anderweitige Gedächtnissymptome und dissoziative Prozesssymptome unterschieden. Die folgende Übersicht fasst weiter die mit der dissoziativen Kernsymptomatik häufig assoziierten psychopathologischen Auffälligkeiten zusammen.
Symptome und Verhaltensweisen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit pathologischer Dissoziation (nach Putnam 1997)
Primäre dissoziative Symptome
- Amnesien und Gedächtnissymptome
o Amnesien und Blackouts
o Überraschender Wechsel in Fähigkeiten, Gewohnheiten und Wissen
o Fugue Episoden
o Fragmentarische autobiografische Erinnerungen
o Dissoziative Flashbacks
- Dissoziative Prozesssymptome
o Passive Beeinflussung/Interferenzerfahrungen
o Trance-artige Zustände
o Wechselhaftes Verhalten („switching behaviors“)
o Identitätskonfusionen, -alterationen
Assoziierte posttraumatische Symptome
- Wiedererleben traumatischer Ereignisse
- Vermeidungsverhalten mit emotionalem und sozialem Rückzug
- Vegetative Übererregtheit
Sekundäre Symptome
- Depression, Angst, Affektlabilität
- Somatoforme Beschwerden
- Geringer Selbstwert
Tertiäre Symptome
- Suizidal-Impulse oder Suizidversuche, selbstverletzendes Verhalten
- Sexualisierte Verhaltensweisen, Drogenmissbrauch

Dissoziative Phänomene im Kindesalter

Vor allem im Kindesalter kann die Einordnung dissoziativer Symptome und Verhaltensmuster in das Kontinuum zwischen einer normalen und einer pathologischen Symptomatik schwierig sein. So werden imaginäre Spielgefährten und exzessive Fantasietätigkeiten als entwicklungsbedingte physiologische, nichtpathologische dissoziative Phänomene angesehen (Brunner und Resch 2008a; Brunner 2017). Diese Phänomene können jedoch beim älteren Jugendlichen und Erwachsenen als Hinweis auf einen drohenden Realitätsverlust gelten. Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass Entwicklungsphänomene als dissoziative Phänomene fehleingeschätzt werden, obwohl sie jedoch als normale entwicklungsbezogene Aspekte der Identitätsentwicklung zu gelten haben (Putnam 1997). Aber bereits im Kindesalter können imaginäre Spielgefährten und exzessive Tagträume jedoch auch eine pathologische Bedeutung erreichen, wenn sie mit psychosozialen Funktionseinschränkungen und einer gestörten Realitätsprüfung einhergehen. So bestehen klinische Beobachtungen, dass Kinder, die häufig anhaltenden kumulierenden Belastungen ausgesetzt sind, diesen Mechanismus als Selbstschutz verstärkt zeigen und es somit zu einer pathologischen Ausweitung ursprünglich physiologischer Symptome kommen kann (Resch et al. 1999). Imaginäre Begleiter treten bei Kindern häufiger in der Altersperiode von 5–6 Jahren auf; 30–60 % aller Kinder berichten dies, wobei der Anteil der Mädchen den der Jungen übersteigt (Sanders 1992). Trance-artige Zustände, aber auch das völlige Aufgehen in einem Spiel oder einer anderweitigen Beschäftigung sowie lebhafte systematisierte Fantasietätigkeit finden sich im Spektrum physiologischer kindlicher und jugendlicher Verhaltensweisen. Auch das vorübergehende Auftreten von Depersonalisationserfahrungen wird im Jugendalter als ein entwicklungstypisches Phänomen betrachtet (Putnam 1997; Resch et al. 1999; Fagioli et al. 2015). Das gehäufte Auftreten wird im Zusammenhang mit der forcierten Selbstentwicklung und Identitätsentwicklung in der Adoleszenz erklärt. Eine vermehrte Selbstbeobachtung, die als Versuch zu werten ist, im Rahmen der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben unterschiedliche Selbstaspekte zu integrieren, kann vorübergehend zu Identitätskonfusion oder Identitätsalterationen im Jugendalter führen (Resch und Brunner 2004). So zeigte eine empirische Untersuchung, die sowohl psychiatrische Patienten als auch gesunde Probanden der Allgemeinbevölkerung einbezog, dass das Auftreten von Depersonalisationsphänomenen bei Erwachsenen häufig mit weiteren psychopathologischen Auffälligkeiten einherging, während dies bei Jugendlichen nur eingeschränkt der Fall gewesen sei (Fagioli et al. 2015). Im Rahmen einer Geburtskohorte in England ergaben sich Hinweise, dass ein erhöhtes Ausmaß von Angstsymptomen in der Kindheit als Prädiktor für eine Depersonalisationsstörung im jungen Erwachsenenalter zu gelten hat (Lee et al. 2012).
Dennoch bleibt offen, ob die Gruppe von Jugendlichen mit erhöhtem Entfremdungserleben ein besonderes Risiko tragen im weiteren Verlauf eine manifeste psychiatrische Erkrankung zu entwickeln. Aufgrund von fehlenden Verlaufsstudien ist dies bislang nicht zu prognostizieren. Da ein vermehrtes Auftreten von Entfremdungserlebnissen in einem engen Zusammenhang anderweitiger psychosozialer Belastungsfaktoren sowie Risikoverhaltensweisen und psychopathologischen Auffälligkeiten bei einer großen Gruppe von 12- bis 18-jährigen Schülern in Deutschland (Michal et al. 2015) zu befunden war, ist nicht auszuschließen, dass es sich um eine Hoch-Risikogruppe handelt.
Während in der Studie von Michal und Mitarbeitern (2015) ausschließlich nach Depersonalisationsphänomenen gefragt wurde, zeigte auch eine Studie von Tolmunen et al. (2007) in Finnland, dass auch ein hohes Ausmaß eines breiten Spektrums dissoziativer Phänomene (basierend auf der Adolescent Dissociative Experiences Scale) mit verschiedenen Risikoverhaltensweisen (tägliches Rauchen, gehäufter Alkoholkonsum, Cannabis-Missbrauch) sowie sozialer Isolierung und schlechten Schulleistungen assoziiert war.

Klassifikation

Die dissoziative Störung stellt gemeinsam mit der akuten und posttraumatischen Belastungsstörung das zentrale Erkrankungsbild im Bereich der stressbezogenen psychiatrischen Störungen dar. Der Kern dieser Störung besteht aus einer Störung der normalerweise integrierten Funktionen der Identität, des Gedächtnisses und des Bewusstseins sowie der unmittelbaren Empfindungen und Kontrolle der Körperbewegungen (Dilling et al. 1993). Charakteristisch sind ein überraschender Wechsel im Zugang zu Erinnerungen an die Vergangenheit, Störungen der Selbstwahrnehmung und der Wahrnehmung der Umwelt; Trance-artige Zustände, stuporöse Zustände, Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen sowie eine gestörte Kontrolle von Körperbewegungen, die sich z. B. in Form von Lähmungen äußern können (Dilling et al. 1993). Innerhalb der Gesamtgruppe der dissoziativen Störungen unterscheidet die ICD-10-Klassifikation 2 Subgruppen (Tab. 1):
1.
dissoziative Bewusstseinsstörungen und
 
2.
dissoziative Störungen vom Konversionstypus.
 
Tab. 1
Dissoziative Störungen: Untergruppen nach ICD-10
Bewusstseinstypus
F44.4 Dissoziative Bewegungsstörungen
F44.5 Dissoziative Krampfanfälle
F44.2 Dissoziativer Stupor
F44.6 Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen
F44.3 Trance- und Besessenheitszustände
F44.7 Dissoziative Störungen, gemischt
F44.8 Ganser-Syndrom
F44.82 Vorübergehende dissoziative Störungen in der Kindheit und Jugend
F44.8 Sonstige näher bezeichnete dissoziative Störungen
F48.1 Depersonalisations- und Derealisationssyndrom
F44.9 Nicht näher bezeichnete dissoziative Störungen
Im Bereich der dissoziativen Bewusstseinsstörungen finden sich die
  • dissoziative Amnesie (F44.0): generalisierte, selektive/lokalisierte Erinnerungsdefizite,
  • dissoziative Fuge (F44.1): zielgerichtete Reisen mit/ohne Identitätsverlusten,
  • dissoziativer Stupor (F44.2): fehlende willkürliche Bewegungen und Sprachverarmung,
  • multiple Persönlichkeitsstörung (dissoziative Identitätsstörung) (F44.81): alternierende Persönlichkeitszustände,
  • Depersonalisations- und Derealisationssyndrom (F48.1): Entfremdungserlebnisse (Selbst-, Körper- und Umwelterfahrungen)
Aus inhaltlichen Gründen wird hier das sonst in der ICD-10 anderweitig klassifizierte Depersonalisations- und Derealisationssyndrom entsprechend der nordamerikanischen Klassifikation psychischer Störungen DSM-5 (American Psychiatric Association 2013; Falkai et al. 2018) den dissoziativen Bewusstseinsstörungen zugeordnet.
Die wichtigsten dissoziativen Störungen vom Konversionstypus sind:
  • dissoziative Bewegungsstörungen (F44.5): Astasie, Abasie, Ataxie, Dystonie, Dys- und Aphonie, Lähmungen,
  • dissoziative Krampfanfälle (F44.5): tonisch-klonische Anfälle, Ohnmachten, Anfälle gemischt mit Wutäußerungen, Hyperventilation, Stupor, „Arc de cercle“,
  • dissoziative Sensibilitäts-/Empfindungsstörungen (F44.6): Hypo-, Hyper- oder Parästhesien, Seh-, Hör- und Riechverluste,
  • dissoziative Störungen, gemischt (F44.7).
Während bei den dissoziativen Bewusstseinsstörungen die gestörte Selbstwahrnehmung und Störungen des Identitätsbewusstseins im Vordergrund stehen, sind bei den dissoziativen Störungen vom Konversionstypus insbesondere Störungen der Selbststeuerung vorherrschend, die sich z. B. in einem Kontrollverlust über Körperbewegungen manifestieren. Diagnoseübergreifende gemeinsame Charakteristiken bestehen bei den dissoziativen Störungen vom Bewusstseinstypus und dem Konversionstypus (Brunner und Resch 2008a): In Bezug auf das Ausmaß und die Schwere der Phänomene treten dissoziative Symptome entlang eines Kontinuums auf, das von unerklärten, fluktuierenden oder vorübergehenden Symptomen bis hin zu lang anhaltenden, therapeutisch schwer zugänglich chronifizierten Syndromen reicht. Dissoziative Symptome können klinisch bedeutsam sein, auch wenn das Ausmaß der Symptomatik keine Zuordnung zu einer Diagnose von einem kategorialen Rang erreicht. Der dissoziative Symptomenkomplex ist häufig im Kontext anderweitiger psychiatrischer Störungen anzutreffen (insbesondere der posttraumatischen Belastungsstörung und der Borderline-Persönlichkeitsstörung). Besonders charakteristisch für die dissoziativen Störungen vom Konversionstypus ist eine hohe Chronifizierungsneigung, die mit einem spezifischen Krankheitsverhalten der Betroffenen (und ihrer elterlichen Bezugspersonen) zu einer wiederholten inadäquaten Inanspruchnahme medizinischer Dienste, die nicht selten auch mit iatrogenen Schädigungen einhergehen kann, verbunden ist. Mangelnde Krankheitseinsicht und eine schwierige Arzt-Patient-Beziehung erschweren häufig eine adäquate Diagnostik und die Einleitung fachspezifischer Behandlungen.
Dissoziative Zustandsbilder, insbesondere die Konversionssymptomatik, treten häufig plötzlich auf. Charakteristisch ist jedoch auch ein häufiges Wiederauftreten sowie ein Symptomwechsel innerhalb der dissoziativen Krankheitsbilder (Remschmidt et al. 2006). Das Ausmaß der Schwere der Symptomatik tritt häufig entlang eines Kontinuums auf und reicht von fluktuierenden oder vorübergehenden Symptomen bis hin zu lang anhaltenden und therapeutisch schwer zugänglichen Störungsbildern.
Das Depersonalisations- und Derealisationssyndrom wird in der ICD-10 den sonstigen neurotischen Störungen (F48.1) zugeordnet. Aus inhaltlichen Gründen wird dieses Syndrom der nordamerikanischen Klassifikation des DSM 5 folgend hier in diesem Kapitel den dissoziativen Störungen zugeordnet. Für die Diagnosestellung einer dissoziativen Störung muss auch die Erfüllung der allgemeinen diagnostischen Kriterien der ICD-10 beachtet werden:
1.
Kein Nachweis einer körperlichen Krankheit, welche die für diese Störungen charakteristischen Symptome erklären könnte (es können jedoch körperliche Störungen vorliegen, die andere Symptome verursachen, wie z. B. eine gleichzeitig vorliegende epileptische Erkrankung).
 
2.
Ein überzeugender zeitlicher Zusammenhang zwischen den dissoziativen Symptomen und belastenden Ereignissen, Problemen oder Bedürfnissen.
 
Da die Symptomatik wie z. B. das Auftreten von Lähmungen oder schweren Gedächtnisstörungen/Wahrnehmungsstörungen auch Symptome eines klinisch-neurologischen Erkrankungsbildes sein könnten, ist grundsätzlich die Notwendigkeit einer prioritätengeleiteten körperlich-neurologischen Diagnostik erforderlich. Da Patienten wie auch ihre Angehörigen häufig bei den Konversionsstörungen trotz einer befundlosen körperlich-neurologischen Grunderkrankung weiterhin eine körperliche Erkrankung als Ursache der Konversionssymptomatik vermuten, ist der therapeutische Umgang mit dem Krankheitskonzept der Eltern sowie der Betroffenen zentral für die Etablierung eines therapeutischen Arbeitsbündnissens. Zudem besteht die Gefahr der Wiederholung körperlich-neurologischer Diagnostiken mit allen Risiken der iatrogenen Schädigung. Daher ist auch die Indikationsstellung für körperlich-neurologische Diagnostiken sehr sorgfältig zu stellen.
Auch ist der geforderte Nachweis eines überzeugenden zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten der dissoziativen Symptome und belastenden Ereignissen von dem Diagnostiker häufig nicht zu erbringen, da ihm oft anamnestische Informationen fehlen oder möglicherweise Stressoren für das akute Auftreten der Symptomatik nicht ausreichend eruiert werden können. Auch ist die Exazerbationsneigung dissoziativer Symptome häufig im Kontext unspezifischer geringfügiger Belastungen beobachtbar, sodass der geforderte Nachweis schwer zu führen ist. Im Hinblick auf die Konversionsstörungen wird auch gefordert, dass die Symptomatik unwillentlich und unbewusst generiert wird. Es lässt sich aber durch einen Kliniker kaum feststellen, ob und in welchem Umfang die Funktionsverluste willkürlich kontrolliert werden können oder nicht (vgl. Remschmidt et al. 2006). Die unzureichenden pathogenetischen Konzepte erschweren das Verständnis für diese komplexen Krankheitsbilder sowie die Entwicklung therapeutischer Interventionen.

Dissoziative Bewusstseinsstörungen

Die dissoziative Amnesie wird als die Kernsymptomatik dissoziativer Störungen betrachtet, jedoch tritt die Störung isoliert äußerst selten auf. Sie ist vielmehr Bestandteil anderweitiger dissoziativer Störungen vom Bewusstseinstypus (vor allem der dissoziativen Identitätsstörung). Patienten mit einer dissoziativen Amnesie sind sich im Allgemeinen ihrer Gedächtniseinbußen bewusst. Die Lücken beziehen sich zumeist auf autobiografische Informationen. Erinnerungen an Details der persönlichen Lebensgeschichte können häufig nur lückenhaft wiedergegeben werden. Unterschiedliche Formen amnestischer Zustände wurden beschrieben (Falkai et al. 2018): Sehr selten tritt die generalisierte Form von Gedächtniseinbußen bezüglich der gesamten Lebensgeschichte auf, häufig in Verbindung mit einer dissoziativen Identitätsstörung. Selektive Amnesien (z. B. werden einige Personen oder bestimmte Ereignisse nicht erinnert) und lokalisierte Amnesien (Erinnerungsdefizite an Personen oder Ereignisse während umschriebener Zeitabschnitte) werden häufiger beobachtet.
Die dissoziative Fugue ist charakterisiert durch eine plötzliche, unerwartete Entfernung von zuhause oder vom Arbeitsplatz oder einer Unterbrechung der allgemeinen Aktivität, wobei die Patienten als völlig normal – ohne Anzeichen von psychopathologischen Auffälligkeiten oder kognitiven Defiziten – erscheinen (Falkai et al. 2018). Manche Patienten zeigen einen Verlust ihrer Identität und nehmen eine neue Identität an, gleichzeitig besteht eine teilweise oder vollständige Amnesie für den Fugue-Zustand.
Der dissoziative Stupor ist gekennzeichnet durch eine deutliche Verringerung bis hin zum Fehlen der willkürlichen Bewegungen und Aktivitäten, kombiniert mit einer Sprachverarmung bis hin zum Mutismus.
Bei der dissoziativen Identitätsstörung (multiple Persönlichkeitsstörung) treten unterschiedliche Persönlichkeitszustände auf, die jeweils mit einer unterschiedlichen Biografie, Identität bzw. einer Identität mit verschiedenen Namen imponieren können. Die einzelnen Identitäten können sich unterscheiden im berichteten Alter, Geschlecht, in der Sprache, im kognitiven Niveau oder Affektausdruck (Falkai et al. 2018). Die unterschiedlichen Persönlichkeiten sind sich häufig der Existenz der anderen nicht oder kaum bewusst. Das geforderte Vorhandensein mehrerer existierender alternierender Persönlichkeiten wird heute abgeschwächt, zugunsten eines Konzeptes, das einen häufigen Wechsel zwischen Persönlichkeitsanteilen vertritt, wobei jedoch die Kernidentität erhalten bleibt (Putnam 1997).
Das Depersonalisations- und Derealisationssyndrom ist gekennzeichnet durch persistierende oder wiederkehrende Episoden von Entfremdungserleben, das sich sowohl auf das Selbst (autopsychische Depersonalisation), den Körper (somatopsychische Depersonalisation) oder die Umwelt (Derealisation) beziehen kann (Dilling et al. 1993; Klosterkötter 1988). Betroffene erleben ihr eigenes Denken, ihre Vorstellung oder Erinnerungen als fremd und unbekannt. Auch wird ein Gefühl der Trennung von Teilen des Körpers („losgelöst“) oder eine Entfremdung von Emotionen berichtet, was zu einem roboterhaften Empfinden führen kann. Auch werden sog. „out-of-body experiences“ berichtet, bei denen die Betroffenen berichten, als ob sie neben sich stünden und sich von außen beobachteten. Charakteristisch ist jedoch, dass die Realitätsprüfung intakt ist. Die angstinduzierende Qualität von Depersonalisationserfahrungen führt zur Sorge der Patienten, „verrückt zu sein“ (Hoffmann und Eckhardt-Henn 2001). Derealisationsphänomene treten häufig gemeinsam mit Depersonalisationsphänomenen auf und werden von den Betroffenen als eine Entfremdung von der Umwelt beschrieben, die sie plötzlich als fremd, unbekannt oder verändert wahrnehmen (Dilling et al. 1993).

Konversionsstörungen

Dissoziative Störungen vom Konversionstypus können sich im gesamten Altersspektrum vielfältig manifestieren. Im Jugendalter und jungen Erwachsenenalter treten am häufigsten dissoziative Bewegungsstörungen und dissoziative Krampfanfälle auf. Die dissoziativen Bewegungsstörungen sind zumeist gekennzeichnet durch einen vollständigen oder partiellen Verlust der Bewegungsfähigkeit, zumeist der unteren, aber auch der oberen Extremitäten. Typisch sind auch partielle Schwächen der Extremitäten, die gleichzeitig mit einem Zittern oder Schütteln der Extremitäten verbunden sein können (Egle und Ecker-Egle 1998). Verschiedene Grade von Koordinationsstörungen (Ataxie) oder der Unfähigkeit ohne Hilfe zu stehen (Astasie) oder zu gehen (Abasie) können auftreten. Die Patienten lehnen sich häufig an Begleitpersonen an, um Unterstützung für ihre Schwäche zu erhalten. Im Kindes- und Jugendalter kommt es häufig zu einer zügigen Remission der Symptomatik, jedoch können vor allem auch im Erwachsenenalter schwere Formen der Astasie und Abasie in einer ausgeprägten Immobilität münden. Auch die psychogene Dysarthrie und Aphonie wird den dissoziativen Bewegungsstörungen zugeordnet.
Dissoziative Krampfanfälle zeigen eine große Bandbreite zwischen Ohnmachten sowie einer tonisch-klonischen Symptomatik, die im Ausdruck einem Grand-Mal-Anfall entsprechend imponieren bis hin zu dramatischen Ausdrucksformen wie dem „Arc de cercle“ (massives Überstrecken des ganzen Körpers mit nach oben gerichtetem Körperbogen). Epilepsietypische Merkmale wie Zungenbiss, Urininkontinenz oder Verletzungen beim Sturz sind äußerst selten, eher sind begleitende stuporöse Zustände charakteristisch.
Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen sind gekennzeichnet durch einen teilweise oder einen vollständigen Verlust der normalen Hautempfindungen an Körperteilen und am ganzen Körper (Hypo-, Hyper- oder Parästhesien). Seh-, Hör- oder Riechverluste sind typischerweise selten vollständig. Bei Sehbeeinträchtigungen wird vom Patienten häufig eine Gesichtsfeldeinschränkung im Sinne eines „Tunnelsehens“ angegeben oder ein Verlust der Sehschärfe. Typisch erscheinen die Annahme der Hilfe zur Bewältigung der Funktionseinschränkungen und eine hohe Fluktuation der Symptomatik – auch in Abhängigkeit belastender oder entlastender Umgebungseinflüsse oder durch Beobachtung (Egle und Ecker-Egle 1998). Auffällig ist häufig der geringe Leidensdruck im Kontrast zur Schwere der Symptomatik („la belle indifferencé“). Mischbilder mit einer dissoziativen Bewusstseinssymptomatik (Amnesien, Depersonalisationserleben) in Kombination mit dissoziativen Phänomenen vom Konversionstypus treten häufig im Kontext komplexer traumatischer Belastungen auf und sind nicht selten Bestandteil eines umfassenden Störungsbildes wie der Borderline-Persönlichkeitsstörung.

ICD-10 versus DSM-5

Bei der Neuordnung psychischer Störungen im diagnostischen und statistischen Manual der American Psychiatric Association (DSM-5, American Psychiatric Association 2013) wurden die Konversionsstörungen mit dem Untertitel ‚Störung mit funktionellen neurologischen Symptomen‘ in der Kategorie „Somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen“ eingruppiert (Tab. 2).
Tab. 2
Klassifikation der dissoziativen Störungen sowie der Konversionsstörungen nach DSM-5
DSM-5
DSM-5
Dissoziative Störungen
Somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen: Konversionsstörung (Störung mit funktionellen neurologischen Symptomen)
F44.81
F44.4
mit Schwäche/Lähmung
F44.0
F44.4
mit motorischen Symptomen
F44.1
Dissoziative Amnesie mit dissoziativer Fugue
F44.4
mit Schluckstörungen
F48.1
F44.4
mit Auffälligkeiten der Sprache
F44.89
Andere näher bezeichnete dissoziative Störung
F44.5
mit Krämpfen oder Anfällen
F44.9
Nicht näher bezeichnete dissoziative Störung
F44.6
mit Taubheit oder sensorischen Ausfällen
  
F44.6
mit speziellen sensorischen Ausfällen
  
F44.7
mit gemischtem Erscheinungsbild
Um die Kompatibilität zwischen ICD-10 und dem DSM-5 zu erleichtern, wurden die ICD-10-Codes mit der Einführung der DSM-5-Diagnosen mit analogen Codes versehen. Als für alle Symptomtypen geltende diagnostische Kriterien wurden folgende allgemeine Kriterien formuliert:
  • Eines oder mehrere Symptome veränderter Willkür motorischer oder sensorischer Funktionen.
  • Klinische Befunde belegen, dass die Symptomatik nicht mit bekannten neurologischen oder körperlichen Störungen in Einklang steht.
  • Das Symptom oder Defizit kann nicht besser durch eine andere körperliche oder psychische Erkrankung erklärt werden.
  • Das Symptom oder Defizit verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen oder erfordert eine medizinische Abklärung.
Im Unterschied zur Klassifikation in der ICD-10 wird im DSM-5 eine Trennung zwischen einer akuten Episode (Symptome liegen seit weniger als 6 Monaten vor) und einer andauernden Episode (Symptome treten seit 6 Monaten oder länger auf) definiert. Darüber hinaus wird im DSM-5 eine Unterscheidung getroffen, ob die Symptomatik vor dem Hintergrund eines bestimmten psychologischen Stressors oder ohne das Auftreten eines psychologischen Stressors aufgetreten ist.

Epidemiologie

Die Prävalenz dissoziativer Bewusstseinsstörungen im Kindes- und Jugendalter kann aufgrund unzureichender epidemiologischer Studien bisher nur sehr eingeschränkt beurteilt werden. Dimensionale Erhebungsmethoden (Dissociative Experiences Scale und Cambridge Depersonalisation Scale) weisen auf eine hohe Prävalenz einzelner Symptome aus dem Gesamtspektrum dissoziativer Bewusstseinsstörungen, sowohl in der Allgemeinbevölkerung als auch in klinischen Stichproben, bei Jugendlichen hin (Brunner et al. 1999; Michal et al. 2015; Tolmunen et al. 2007; Fagioli et al. 2015). Epidemiologische Untersuchungen unter Verwendung strukturierter klinischer Interviews, die eine kategoriale Zuordnung zu den Diagnosen nach ICD-10 bzw. DSM-5 erlauben würden, liegen bislang für das Kindes- und Jugendalter nicht vor. In einer umfangreichen, konsekutiven jugendpsychiatrischen Stichprobe (N = 813) konnte eine Prävalenz von 3,7 % an dissoziativen Bewusstseinsstörungen erhoben werden, wobei 2/3 der Diagnosen auf das Depersonalisations- und Derealisationssyndrom entfielen (Brunner 2005). Mehrheitlich wurde in dieser Stichprobe diese Diagnose als komorbide Diagnose der Borderline-Persönlichkeitsstörung gestellt. Eine isolierte Diagnosevergabe trat nur sehr selten auf. In jugendpsychiatrischen Populationen (Armstrong et al. 1997; Brunner 2017) zeigten bis zu 20 % der Patienten ein diagnoseübergreifendes klinisches bedeutsames Ausmaß an dissoziativen Erlebens- und Verhaltensmustern. Untersuchungen an Jugendlichen der Allgemeinbevölkerung, überwiegend erfasst unter dem Einsatz von Screening-Fragebögen (Adolescent Dissociative Experiences Scale) zeigen einen Anteil von 10–15 % pathologischer dissoziativer Symptome (Brunner et al. 1999) bzw. isoliert erfasster Depersonalisationssymptome (Michal et al. 2015). Bei den dimensionalen Erhebungen in der Allgemeinbevölkerung (Brunner et al. 1999) konnten keine geschlechts- und bildungsabhängigen Einflüsse auf das Ausmaß der dissoziativen Erlebens- und Verhaltensmuster erhoben werden, jedoch ein Trend zu einer gehäuften Symptomatik in der frühen und mittleren Adoleszenz (12–15 Jahre). In einer repräsentative Stichprobe (Lieb et al. 1998) von 14- bis 24-Jährigen wurde in Deutschland eine Lebenszeitprävalenz von 0,62 % festgestellt, wobei jedoch betont werden muss, dass nicht sämtliche nach der ICD-10 klassifizierten Störungen in dieser Erhebung erfasst wurden. Konversionsstörungen treten vor dem 9. Lebensjahr sehr selten auf, Untersuchungen in kinder- und jugendpsychiatrischen Stichproben weisen auf ein Verhältnis von 4–5:1 zugunsten der Mädchen auf. Es dominieren im Gesamtspektrum der Konversionsstörungen die dissoziativen Bewegungsstörungen (vor allem Lähmungen und Gangstörungen) und Krampfanfälle (Lehmkuhl et al. 1989).

Prognose und Verlauf

Während der Verlauf dissoziativer Bewusstseinsstörungen im Jugendlichen- und Erwachsenenalter mit Ausnahme von Fallstudien beinahe unbekannt ist (Putnam 1997), zeigen Verlaufsstudien bei dissoziativen Störungen vom Konversionstypus in Abhängigkeit der unterschiedlichen Störungsbilder uneinheitliche Ergebnisse (Jans und Warnke 1999). Nach kurz- bis mittelfristigen (1–3 Jahre) Katamneseintervallen zeigten nach einer Auswertung von mehreren Verlaufsstudien 14–54 % der Patienten eine bei der Nachuntersuchung weiterhin bestehende dissoziative Symptomatik oder Syndromatik (Jans und Warnke 1999). 20–30 % der Patienten mit anhaltenden dissoziativen Symptomatiken zeigen einen Symptomwechsel innerhalb der Gruppe der dissoziativen Störungen. Dissoziative Krampfanfälle schienen gegenüber den dissoziativen Bewegungsstörungen einen schlechteren Verlauf aufzuweisen. Bei einer Untersuchung mit einem langfristigen Katamneseintervall von durchschnittlich 12 Jahren war eine gravierende psychiatrische Morbidität bei den ehemals in der frühen Adoleszenz behandelten Patienten mit einer Störung aus dem Gesamtspektrum der Konversionsstörungen erhebbar (Jans et al. 2008): Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung bestand bei 82,6 % der Patienten irgendeine Art einer psychiatrischen Erkrankung, während 26,1 % weiterhin von einer Konversionsstörung betroffen waren. Neben den dissoziativen Störungen dominierten Angststörungen und somatoforme Störungen. Persönlichkeitsstörungen konnten bei annähernd der Hälfte der Patienten diagnostiziert werden, wobei die Borderline-Persönlichkeitsstörung, die zwanghafte und die negativistische Persönlichkeitsstörung zahlenmäßig am häufigsten vertreten waren. Der Schweregrad der dissoziativen Symptomatik sowie die Häufigkeit von vollstationären Behandlungen in der Kindheit und Jugend waren signifikant mit einer verschlechterten psychosozialen Anpassung im Erwachsenenalter verbunden (Jans et al. 2008).
Eine systematische Erfassung (Ani et al. 2013) aus pädiatrischen und kinderpsychiatrischen Versorgungseinrichtungen in England ergab, dass von Konversionsstörungen betroffene Kinder häufig auch multiple Symptome im Sinne von motorischen Schwächen, abnormen Bewegungsmustern, Krampfanfällen, Paralysen und stuporöse Zustände zeigten. 75 % der Stichprobe waren Mädchen, der Altersmedian betrug 12,5 Jahre. In 54 % der Fälle war die Symptomatik durch Schmerzsensationen begleitet. Bei substanziellen Subgruppen wurde auch eine Fatigue (34 %) sowie eine Belle indifference (27 %) beobachtet. Die Hälfte der betroffenen Kinder hatten in der Vorgeschichte wiederholt somatische Untersuchungen wegen Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und unklaren Herzsymptomen und anfallsartigen Symptomen. Ein 1-Jahres-Follow-up wies eine hohe Remissionsrate auf, jedoch mit der schlechtesten Prognose für dissoziative Krampfanfälle und motorische Schwäche. Als vorangegangene Stressoren wurden Mobbing-Erfahrung, Trennung der Eltern, Tod oder Erkrankung einer emotional bedeutsamen Bezugsperson und Misshandlungs-/Missbrauchserfahrungen genannt. Eine Meta-Analyse (Stone et al. 2009) konnte eine körperliche Verletzung als Auslöser der Konversionssymptomatik in 37 % der Fälle beobachten. Diese Vorgeschichte war häufiger bei einem jüngeren Alter zu erheben und es wurden vorrangig eher motorische Schwächen als Paralysen und eher Paraparesen statt Hemiparesen beobachtet. Auch wurde das Auftreten dissoziativer Krampfanfälle nach intrakraniellen Operationen, insbesondere bei jüngeren Patienten beobachtet, die durch eine positive epileptische Anfallsanamnese, chirurgische Komplikationen und häufiger prämorbide psychische Probleme auffielen. Auffällige Geschlechterdifferenzen im Hinblick auf den Verlauf von Konversionsstörungen konnten nicht erhoben werden. Akut einsetzende dissoziative Reaktionen und umschriebene identifizierbare, stressbesetzte Auslösesituationen gelten als günstige Faktoren für den Behandlungserfolg. Eine fehlende Behandlungsaufnahme nach Diagnosestellung, Behandlungsabbrüche sowie lange Anamnesen mit medizinischen und zum Teil chirurgischen Interventionen erwiesen sich als ungünstige Faktoren (Jans und Warnke 1999).

Diagnostik und Differenzialdiagnostik

Dissoziative Bewusstseinsstörungen

Ein hohes Ausmaß an dissoziativen Erlebens- und Verhaltensmustern kann jedoch nicht nur innerhalb der nosologischen Kategorien der dissoziativen Störungen beobachtet werden, sondern auch bei unterschiedlichen psychopathologischen Störungen, wie insbesondere bei selbstverletzendem Verhalten, häufig im Verbund mit einer Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus, aber ebenso auch bei den somatoformen und posttraumatischen Störungen. Das Heidelberger Dissoziationsinventar (Brunner et al. 1999) findet auch Anwendung bei der Beurteilung der Art und Intensität dissoziativer Phänomene bei akuten oder protrahierten Belastungsreaktionen, vor allem der posttraumatischen Belastungsstörung. Dissoziative Phänomene sind beinahe regelhaft mit den unterschiedlichen Formen belastungsreaktiver Störungen assoziiert und stellen einen Prädiktor für den Schweregrad der Reaktion und der Prognose für den Krankheitsverlauf dar. Einen besonderen Stellenwert erhält die Erfassung dissoziativer Phänomene auch bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung von dissoziativen versus psychotischen Realitätsverlustsyndromen. Damit kann das Inventar auch einen Beitrag zur Diagnosesicherung bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung in Abgrenzung zu schizophrenen oder zu affektiven Störungen beitragen. Auch insbesondere im Kindes- und Jugendalter ist mithilfe des Inventares die Abgrenzung dissoziativer Phänomene gegenüber Aufmerksamkeits-, Lern- oder Verhaltensstörungen hilfreich. Differenzialdiagnostisch müssen bei den dissoziativen Bewusstseinsstörungen vielfältige psychiatrische und somatische Differenzialdiagnosen bedacht werden. Insbesondere müssen auch substanzinduzierte Depersonalisationspänomene/-störungen differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Neben einer neurologisch-internistischen Untersuchung müssen auch differenzialdiagnostisch andere kinder- und jugendpsychiatrische Krankheitsbilder erwogen, bzw. deren Komorbidität gesichert werden. Bei Hinweisen auf eine akute hirnorganische oder internistische Störung ist eine unmittelbare Hinzuziehung der somatischen Disziplinen unerlässlich. Zu den wichtigsten psychiatrischen Differenzialdiagnosen dissoziativer Störungen vom Bewusstseinstypus zählen folgenden Erkrankungen.
Psychiatrische Differenzialdiagnosen bei dissoziativen Bewusstseinsstörungen
• Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung
• Störung des Sozialverhaltens
• Depressiver Stupor
• Rapid cycling bei bipolaren Störungen
Schizophrenie und andere psychotische Störungen
• Substanzmissbrauch
• (Simulation)
Durch die häufige Vergesellschaftung mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist bei Jugendlichen auch eine Diagnostik zum Vorliegen möglicher Persönlichkeitsstörungen vorzunehmen. In die erweiterte Diagnostik fällt auch die Erfassung der familiären Beziehungen sowie das Vorliegen komorbider psychiatrischer Störungen und Begleitsymptomatiken. Zur kategorialen Erfassung der psychiatrischen Komorbidität im Sinne der ICD-10-Diagnosen und/oder der DSM-5-Klassifikation eignet sich insbesondere das MINI-KID (Sheehan et al. 2010) oder das Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter. Beide Interviews erfassen keine dissoziativen Störungen, sondern sind geeignet das Vorliegen möglicher komorbider psychiatrischer Diagnosen zu sichern. Eine differenzialdiagnostische Abgrenzung ausgeprägter Entfremdungserlebnisse von schizophrenietypischen Symptomen, erscheint häufig sehr schwierig und bedarf einer sorgfältigen Diagnostik (Brunner et al. 2004; Spitzer et al. 1997). Das Fehlen formaler Denkstörungen, die Ich-dystone Wahrnehmung der Symptomatik ist für eine dissoziative Symptomatik charakteristisch. Insbesondere stellt auch die affektive Instabilität gegenüber der Negativ-Symptomatik bei schizophrenen Störungen ein wichtiges differenzialdiagnostisches Kriterium bei der Abgrenzung von einer Borderline-Störung mit ausgeprägt dissoziativem Erleben von einer schizophrenen Störung dar (Tab. 3).
Tab. 3
Differenzialdiagnostische Aspekte zwischen Schizophrenie und Borderline-Störung (Brunner 2017 modifiziert nach Steinberg 1994)
Symptombereiche
Schizophrene Störung
Borderline-Störung
Dissoziative Symptome
Isolierte Depersonalisations-/Derealisationserfahrungen, prä- und postpsychotisch
Wiederkehrende bis persistierende Symptome: Amnesie, Depersonalisation/Derealisation, Identitätskonfusion/-alteration
Inhaltliche Denkstörungen
„Ich-synton“
bizarre, paranoide Ideen
„Ich-dyston“
hypnagoge Wahrnehmungen, szenische Ausgestaltungen
Formale Denkstörungen
Inkohärentes Denken
Keine
Affekt
Negativsymptomatik
Affektive Instabilität, Störung der Impulskontrolle
Selbstschädigung
Singuläre, schwere Handlungen
Repetitive offene oder heimliche Selbstbeschädigungen
Funktionseinschränkungen, Krankheitsverlauf
Kontinuierliche Symptomatik mit langer Remissionszeit
Fluktuation der Symptomatik

Dissoziative Störungen vom Konversionstypus

Die wichtigsten somatischen Differenzialdiagnosen der dissoziativen Störungen vom Konversionstypus gibt die folgende Übersicht wider.
Übersicht über die wichtigsten somatischen Differenzialdiagnosen bei den dissoziativen Störungen (Brunner 2012)
1. Somatische Erkrankungen
a. Neurologische Krankheiten
- Vaskuläre Erkrankungen (z. B. Blutung, Ischämie, Vaskulitis)
- Entzündungen (z. B. Meningoenzephalitis)
- Degenerative Erkrankungen der Basalganglien
- Myopathien
- Epilepsien (z. B. idiopathische Formen mit Absencen, Temporallappenepilepsie, non-konvulsiver Status, postiktaler Dämmerzustand)
- Intrakranielle Raumforderungen (z. B. Gliome oder Metastasen)
- Transitorisch globale Amnesie
b. Internistische Erkrankungen
- Hepatische und renale Enzephalopathie
2. Toxikologische und pharmakogene Verursachungen bzw. Störungen durch psychotrope Substanzen
- Drogenintoxikationen (z. B. LSD, Cannabis, Ecstasy, Kokain, Heroin, Halluzinogene)
- Andere Medikamente (z. B. Glukokortikoide, Scopolamin und weitere Anticholinergika, Narkotika, Antikonvulsiva, Beta-Blocker)
- Medikamentös bedingte extrapyramidale Symptome
Bei allen Formen der dissoziativen Störung vom Konversionstypus ist insbesondere eine umfassende körperlich-neurologische Diagnostik erforderlich. Zur differenzialdiagnostischen Klärung zwischen dissoziativen und epileptischen Anfällen sollten spezifische anamnestische Faktoren sowie iktuale Beobachtungen berücksichtigt werden. Zur zentralen differenzialdiagnostischen Methodik gehört unter anderem ein Video-EEG. Die differenzialdiagnostische Abklärung sollte grundsätzlich in neuropädiatrischen Fachabteilungen erfolgen. Das nicht seltene gemeinsame Auftreten einer neurologischen und dissoziativen Störung, z. B. einer Mischung von dissoziativen Krampfanfällen mit organisch bedingten epileptischen Anfällen oder nur unzureichend erklärbare Schmerzsymptome machen eine umfassende diagnostische Einschätzung erforderlich (Kozlowska et al. 2018a, b). Zu den wichtigsten somatischen Differenzialdiagnosen zählen – neben den Anfallserkrankungen – entzündliche und raumfordernde Prozesse.
In der klinischen Diagnostik der Konversionsstörung sollte es frühzeitig zu einer Einbeziehung sog. hinweisender positiver Diagnosekriterien, die für die Diagnose einer dissoziativen Störung sprechen, im Sinne einer Ein- statt Ausschlussdiagnostik führen (Resch 1999; Brunner 2012; Maisami und Freeman 1987).
Positive Kriterien als Hinweis für eine dissoziative Störung vom Konversionstypus (Resch 1999)
  • Übernahme von Symptomen in Anlehnung an ein Modell
  • Belle Indifference
  • Gehäuftes Auftreten von psychosomatischen/psychiatrischen Erkrankungen in der Herkunftsfamilie
  • Copingverhalten bei früheren vorangegangenen organischen Erkrankungen
  • Frühe Somatisierungsphänomene
  • Organische Erkrankungen am, vor, während des Beginns der dissoziativen Symptomatik
  • Symptomwechsel, -ausdehnung, -veränderung im Rahmen der medizinischen Untersuchungen
  • Primärer und sekundärer Krankheitsgewinn
  • Symbolgehalt/Ausdrucksgehalt der Symptomatik
  • Körperliche Belastungen durch Deformitäten oder bleibende Krankheitsfolgen
  • Manipulative Handlungen bis hin zu selbstschädigenden Handlungen
  • „Doctorshopping“
  • Persönlichkeitsstörungen (vor allem emotional instabiler Typus)
  • Traumatische Lebensereignisse
Eine zügige und vollständige, aber prioritätengeleitete somatische Untersuchung ist zum Ausschluss körperlich-neurologischer Erkrankungen dringend erforderlich, aber auch zur Angstreduktion beim Patienten und seinen Angehörigen sowie zur Vermeidung der Wiederholung körperlicher Untersuchungen zu einem späteren Zeitpunkt (Brunner und Resch 2008b). Es lassen sich häufig in der klinischen Untersuchung bereits dissoziative Störungen von neurologischen Erkrankungen dadurch abgrenzen, dass sie nicht den morphologischen oder funktionellen anatomischen Bedingungen entsprechen (z. B. nicht den Dermatomen entsprechenden Sensibilitätsstörungen; Lähmungen erstrecken sich häufig nur über ein Gelenk, Schutzreflexe erhalten). Fluktuationen, Verstärkungen in emotional belastenden Situationen sowie Besserung unter Ablenkungen sind typische Charakteristika beim Konversionstypus (Egle und Ecker-Egle 1998). Die nicht seltene Ko-Inzidenz einer neurologischen Erkrankung mit einer dissoziativen Störung, z. B. bei einer Mischung von dissoziativen Krampfanfällen mit organisch bedingten epileptischen Anfällen machen eine umfassende diagnostische Einschätzung erforderlich. Weitere Prinzipien im diagnostischen Prozess bei Konversionsstörungen sollten beachtet werden (nach Campo und Fritz 2001):
  • Anerkennung, dass der Patient leidet und die Familie mit betroffen ist,
  • Berücksichtigung der durch die Symptome hervorgerufenen Ängste beim Patienten und der Familie,
  • anhaltende Aufmerksamkeit über die Möglichkeit des Vorliegens einer körperlichen Erkrankung und Mitteilung über die Schwierigkeit/Unmöglichkeit der Beurteilung der Ätiologie der Symptome,
  • Vermeidung von unnötigen Untersuchungsverfahren,
  • Vermeidung der Diagnosestellung durch Ausschlussverfahren,
  • Exploration der Symptomexazerbation sowie seines Kontextes und weiterer Charakteristiken,
  • Mitteilung des diagnostischen Eindruckes klar, frei und direkt,
  • Aufbau eines Arbeitsbündnisses zur Intervention.
Bei dem Verdacht auf Vorliegen einer Konversionsstörung muss differenzialdiagnostisch auch an das Vorliegen einer somatoformen Störung gedacht werden. Dies gilt insbesondere für die sog. anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4). Bei dieser Störung dominiert die Schmerzäußerung des Patienten bei jedoch zumeist erhaltener Bewegungsfähigkeit. So werden selten auch ein plötzlicher Beginn sowie ein plötzliches Ende der Symptomatik beschrieben. Charakteristisch ist auch ein häufiger Wechsel der Schmerzqualität, -intensität und -zuordnung am Körper. Bei der Somatisierungsstörung (F45.0) werden aus verschiedenen Bereichen (gastrointestinale, kardiovaskuläre, urogenitale Symptome sowie Haut- und Schmerzsymptome) Beschwerden geschildert. Auch wenn oft eine nicht ausreichende Akzeptanz, dass keine körperliche Ursache für die Beschwerden gefunden werden konnte, bei der Somatisierungsstörung ähnlich wie bei der Konversionsstörung vorliegt, ist eine extrem häufig wechselnde Darstellung der körperlichen Symptome bei den Konversionsstörungen untypisch. Im Unterschied zu den Konversionsstörungen, die eher mit einer Indifferenz bezüglich der Belastung durch das Symptom einhergeht, ist die hypochondrische Störung (F45.2) durch die übermäßige Beschäftigung mit der Angst, an einer ernsthaften körperlichen Erkrankung zu leiden, charakterisiert. Artifizielle Störungen sind durch körperliche oder psychische Symptome charakterisiert, die absichtlich erzeugt oder vorgetäuscht werden, um eine Krankenrolle einzunehmen. Das vorrangige Ziel ist die Aufnahme in eine medizinische Behandlung, die Hospitalisierung oder die Durchführung insbesondere invasiver Maßnahmen wie Operationen oder weitreichender diagnostischer Eingriffe. Der Verlauf von Konversionsstörungen ist immer noch erheblich von Fehldiagnosen, verspäteten korrekten Diagnosestellungen und iatrogene Schädigungen gekennzeichnet (Espay et al. 2018).
Die Abgrenzung von Konversionsstörung, artifizieller Störung und Simulation berührt Grundfragen über den Intentionsgrad in der Generierung der Symptome und des Ausmaßes an internalem und externalem Gewinn. So erscheint es fraglich, ob eine dichotome Unterscheidung von bewusster Simulation zur Erreichung eines externen Gewinnes und einer unbewussten Generierung der Symptome zur psychologischen Entlastung haltbar ist (vgl. Austen und Lynch 2004) und nicht vielmehr von einem Kontinuumsmodell mit fließenden Übergängen ausgegangen werden muss. Auch wenn zwei Kategorien (Konversionsstörung und artifizielle Störung) eindeutig distinkte Diagnosen bleiben und Simulation keine psychiatrische Krankheitsentität ist (vgl. Galli et al. 2018), erscheint die Verwendung eines Kontinuumsmodells für den Behandlungsprozess nützlich. Dennoch wird die Trennung zwischen einer Konversionsstörung und Simulation auch eindeutig durch die Untersuchung neuronaler Korrelate gestützt (s. Hassa et al. 2016). So können motivierende, symptomauslösende Faktoren, Art des Gewinns, Grad der Intention und das Reaktionsmuster während der diagnostischen Beurteilung und Behandlung innerhalb eines Kontinuumsmodells in Beziehung gesetzt werden (vgl. Austen und Lynch 2004).

Diagnostische Instrumente

Zur psychometrischen Erfassung dissoziativer Bewusstseinssymptome wurden von der Arbeitsgruppe um Putnam Selbstberichtsinstrumente zum Einsatz bei Erwachsenen (Dissociative Experiences Scale, DES; Bernstein und Putnam 1986), Jugendlichen (Adolescence Dissociative Experiences Scale, A-DES; Armstrong et al. 1997) und Kindern (Child Dissociative Checklist, CDC; Putnam et al. 1993) entwickelt. Eine deutschsprachige Bearbeitung der Kinder- und Jugendlichenversion wurde von Brunner et al. (1999) vorgelegt. Eine deutschsprachige Bearbeitung der Erwachsenenversion, ergänzt um Fragen zu den dissoziativen Störungen vom Konversionstypus, wurde aus der Arbeitsgruppe um Freyberger (Spitzer et al. 2005) vorgelegt. Zur syndromalen Zuordnung dissoziativer Störungen zur Verwendung bei Jugendlichen und Erwachsenen liegt das Heidelberger Dissoziationsinventar (Brunner et al. 1999) vor, mit dem sich kategoriale Diagnosen sowohl aus dem Bereich der Konversionsstörungen als auch der dissoziativen Bewusstseinsstörungen nach ICD-10 und DSM-IV/-5 sichern lassen.

Störungskonzept und Erklärungsmodell

In den heutigen Störungsmodellen wird – wie seit den frühen Beschreibungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts – die Genese der dissoziativen Störungen im Kontext der Verarbeitung traumatischer Lebenserfahrungen gesehen. Untersuchungen bestätigen einen ausgeprägt hohen Anteil biografischer Belastungen bei Patienten mit dissoziativen Identitätsstörungen (Putnam 1997), Depersonalisationsstörungen (Simeon et al. 2001) und Konversionsstörungen (Roelofs et al. 2002). Die Bedeutung umschriebener oder sexueller Traumatisierungen in der Genese dieser Krankheitsbilder gilt jedoch als überschätzt (Merckelbach und Muris 2001). Dennoch weisen empirische Studien weiterhin auf die besondere Rolle multipler belastender Lebenserfahrungen in der Genese von Konversionsstörungen (Ludwig et al. 2018) und dissoziativen Störungen bei Jugendlichen (Hoyos et al. 2019) hin. Dissoziative Reaktionen, die häufig spontan remittieren, können auch im Kontext geringfügiger oder anderweitiger Stressfaktoren gesehen werden. Die Ätiologie dissoziativer Symptome und Syndrome wird heute im Sinne eines Diathese-Stressmodells verstanden (Resch und Brunner 2004). Folgende neurobiologische Untersuchungsergebnisse liegen bislang vor: Genetische Untersuchungen liegen bisher nur im Hinblick auf erhöhte dissoziative Erlebens- und Verhaltensmuster bei Kindern und Erwachsenen aus der Allgemeinbevölkerung vor. Genetische Untersuchungen bei dissoziativen Störungen vom kategorialen Rang fehlen bislang, sodass die Postulierung einer genetischen Diathese bisher nicht empirisch gesichert ist. Sowohl bei jugendlichen (Brunner et al. 2008) als auch erwachsenen Patienten (Sierra et al. 2002) wurde eine erhöhte physiologische Stressreagibilität im Kontext eines ausgeprägten dissoziativen Erlebens gefunden. Jedoch zeigte sich ein erhöhtes autonomes Arousal (Steigerung der Herzfrequenz, Abnahme des Hautleitwiderstandes) nur in der Konfrontation mit neutralen aversiven Reizen. In der Konfrontation mit emotionalen aversiven Reizen zeigte sich ein gegenteiliger Effekt. Sierra and Berrios (1998) erklären diesen Effekt mithilfe der sog. Diskonnektivitätstheorie. So postulieren die Autoren, dass ein Depersonalisationserleben Ausdruck eines gestörten Informationsaustauschprozesses zwischen dem somato-sensorischen Kortex und dem limbischen System ist, der im Rahmen eines Angstbewältigungsversuches auftritt. Wenn die Schwelle zur Angstbewältigungsfähigkeit überschritten wird, hemmt der mediale präfrontale Kortex die Emotionsverarbeitung der Amygdala, bedingt eine Dämpfung des sympathischen autonomen Arousal und reduziert so das emotionale Empfinden. Das emotionale Betäubtsein in Stresssituationen, ein vermindertes Schmerzempfinden sowie die Beeinträchtigung bzw. Verlust von Lebendigkeitsgefühlen in der Realitätswahrnehmung wären das klinische Korrelat dieser Verarbeitungsstörung (Sierra und Berrios 1998).
Strukturelle Störungen der Hirnmorphologie wurden bei Patienten mit einer dissoziativen Identitätsstörung untersucht mit dem Befund eines reduzierten Volumens der Amygdala und des Hippocampus (Vermetten et al. 2006). Funktionelle bildgebende Untersuchungen konnten beim dissoziativen Subtyp der posttraumatischen Belastungsstörung eine emotionale Übermodelierung durch eine höhere Aktivierung des anterioren Cingulums und des medialen präfrontalen Kortex nachweisen mit der Konsequenz der Inhibierung limbischer Regionen (Lanius et al. 2010). Dieser Typus zeichnete sich durch eine frühe Konfrontation mit traumatischen und kumulativen Belastungen aus. Der dissoziative Subtyp konnte auch gehäuft bei Jugendlichen mit einer PTBS angetroffen werden und zeichnete sich insbesondere durch anamnestisch-dissoziative Symptome aus bei gleichzeitig geringerem Umfang der PTBS-Symptomatik und assoziierten Verhaltensauffälligkeiten.
Experimentelle Studien (u. a. Ionta et al. 2011) weisen darauf hin, dass dissoziative Erlebnisse wie z. B. „Out-of-Body“-Erfahrungen das Ergebnis einer Störung der Integration komplexer somatosensorischer und vestibulärer Information sein könnten. So konnten im Rahmen einer prächirurgischen Diagnostik bei einem Patienten mit einer rechtsseitigen Temporallappenepilepsie durch eine fokale elektrische Stimulation im rechten angularen Gyrus wiederholt diese Erlebnisse induziert werden. Weitere Experimente (Ionta et al. 2011) konnten die Bedeutung des vestibularen Systems für die Selbstlokalisation und körperliche Selbstwahrnehmung und -steuerung belegen. Funktionelle (durch Neurotransmitter) oder strukturelle Störungen (Substanzschädigungen) könnten möglicherweise zu den abnormen Erlebnisinhalten führen.
Bildgebende Untersuchungen im Bereich der Konversionsstörungen sind in den vergangenen Jahren vermehrt durchgeführt worden (Übersicht bei Boeckle et al. 2016). Studien fanden auffällige Aktivierungsmuster innerhalb des präfrontalen Kortex (vor allem ventromedial und dorsolateral) während der Aufforderung an Patienten mit dissoziativen Bewegungsstörungen ihre „gelähmten“ Gliedmaße zu bewegen. Da diesen Regionen eine besondere Wertigkeit in der Handlungsplanung zugeschrieben werden, wurde der Befund als eine neurale Basis für die (evtl. durch Stress ausgelöste) motorische Inhibierung interpretiert. Als weitere neuronale Korrelate dissoziativer Bewegungsstörungen konnten mithilfe bildgebender Verfahren (PET, fMRT) Störungen im Bereich der Basalganglien und des Thalamus identifiziert werden (Vuilleumier et al. 2001). Dissoziative Lähmungen könnten danach durch eine selektive Hemmung von motorischen Aktionen durch die Modulation spezifischer Systeme der Basalganglien und des Thalamus verursacht sein. Diese Hemmung wird möglicherweise durch außerhalb des Bewusstseins liegende bestimmte emotionale Stressoren (prozedurales emotionales Gedächtnis), die durch limbische Einflüsse von der Amygdala oder vom orbitofrontalen Kortex vermittelt sind, hervorgerufen (Vuilleumier et al. 2001; Blakemore et al. 2017).
Im Hinblick auf die neuropsychologische Untersuchungsebene konnte bislang nicht geklärt werden, ob generelle oder spezifische Gedächtnisfunktionen bei den dissoziativen Bewusstseinsstörungen vorübergehend oder dauerhaft gestört sind. Im Rahmen der Dissoziationstheorie (Kihlstrom et al. 1994) wurde postuliert, dass es zu einem Automatisierungsverlust unter Stressbedingungen mit der Folge einer Störung in der Parallelisierung mentaler Aktivitäten und motorischer Verhaltensakte kommen kann. Eine Untersuchung an jugendpsychiatrischen Patienten (Prohl et al. 2001) konnte zeigen, dass das Ausmaß dissoziativer Symptome mit einer Verschlechterung von Langzeitgedächtnisfunktionen verbunden war, wohingegen Hinweise auf Störungen im Bereich des Kurzzeitgedächtnisses nicht bestätigt werden konnten (Brunner 2005). Im Hinblick auf den Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften wurde eine gesteigerte Fantasietätigkeit mit einem erhöhten dissoziativen Erleben sowohl bei Jugendlichen als auch bei jungen Erwachsenen in der Allgemeinbevölkerung in Zusammenhang gebracht (Muris et al. 2003). Ein vermehrtes dissoziatives Erleben verbunden mit den quälenden Wahrnehmungsstörungen und Entfremdungserlebnissen wird auch als Ausgangsort selbstschädigender Verhaltensweisen, insbesondere den nichtsuizidalen selbstverletzenden Verhaltensweisen angesehen. Es besteht die klinische Beobachtung, dass Jugendliche wie auch Erwachsene von einer Entlastung auch von Entfremdungserlebnissen durch den Akt der Selbstverletzung berichten und damit auch lerntheoretisch verständlich wird, warum dieses Verhalten in ein repetitives Verhaltensmuster übergeht. Empirische Studien zu dieser Zusammenhangshypothese fielen im Jugendalter widersprüchlich aus.

Behandlung

Sowohl bei der Gruppe der dissoziativen Bewusstseinsstörungen als auch bei den Konversionsstörungen ist die Sicherung des Therapiebündnisses gleichermaßen bedeutsam wie schwierig. Während im Verlauf die Therapie bei den dissoziativen Bewusstseinsstörungen häufig durch ein begleitendes selbstdestruktives Verhalten (Drogenmissbrauch, selbstverletzendes und suizidales Verhalten) bedroht ist, gefährdet meist das bei den Konversionsstörungen typisch anzutreffende somatische Krankheitskonzept der Patienten und/oder deren Angehörigen das Therapiebündnis (Brunner und Resch 2008b).

Therapie dissoziativer Bewusstseinsstörungen

Kontrollierte Therapiestudien zur Behandlung dissoziativer Bewusstseinsstörungen im Jugendalter liegen bislang nicht vor. Da die dissoziative Symptomatik nur sehr selten in umschriebener Form, z. B. im Sinne einer Depersonalisationsstörung oder einer dissoziativen Amnesie auftritt, sondern zumeist im Kontext der Persönlichkeitsstörung vom emotionalen instabilen Typus (zumeist vom Borderline-Typus) oder auch bei ausgeprägten Anpassungs- und Belastungsstörungen (akute und posttraumatische Belastungsreaktionen), richten sich die Therapieansätze auch auf die Komorbidität bzw. die psychiatrische Grunderkrankung. Auch ist ein dissoziatives Erleben nicht selten Ausgangsort für repetitive selbstverletzende Handlungen bei Jugendlichen, sodass therapeutische Strategien zur Eindämmung dieses Verhaltens auch therapeutische Strategien beinhalten müssen, die eine Reduktion der Dissoziationsneigung zum Ziel hat. Da die dissoziative Symptomatik häufig in einen Gesamtkomplex einer posttraumatischen Symptomatik mit Traumatisierungserfahrungen und Affektregulationsproblemen eingebettet ist, erscheint es schwierig eine auf die dissoziative Symptomatik ausgerichtete Behandlung zu etablieren. Da Kinder und Jugendliche mit dissoziativen Symptomen häufig akuten oder schweren chronischen familiären Belastungen ausgesetzt sind, bedarf es oft auch institutioneller Hilfen (überwiegend Maßnahmen der Jugendhilfe), um eine Entlastung bzw. Schutz vor anhaltenden schwerwiegenden familiären Belastungen herbei zu führen.
Spezifische Therapieprogramme für betroffene Kinder und Jugendliche sind derzeit noch nicht entwickelt, es haben sich aber Therapiekonzepte (Fleischhaker und Schulz 2010; Foelsch et al. 2013), die für die Behandlung Jugendlicher mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt wurden, bewährt. Bei dem Konzept von Fleischhaker und Schulz (2010) handelt es sich um ein Therapiekonzept nach den Prinzipien der dialektisch-behavioralen Therapie, in deren Mittelpunkt die Stärkung der Emotionsregulationsfähigkeit steht. Da Probleme der Emotionsregulierung sowohl bei Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung als auch bei dissoziativen Bewusstseinsstörungen (und beide häufig koinzidieren) einen besonderen Stellenwert besitzen, erscheint dieses Behandlungskonzept als ein wichtiger Baustein in einem Gesamtbehandlungsplan (vgl. Brunner et al. 2008; Brunner 2012; Priebe et al. 2013). Bei der dialektisch-behavioralen Therapie für Adoleszente (DBT-A) handelt es sich um eine deutschsprachige Adaptation (Fleischhaker und Schulz 2010) des von Linehan entwickelten und von Miller et al. (2007) für Jugendliche modifizierten Therapiekonzeptes. Die DBT-A kombiniert Methoden wie kognitive Umstrukturierung, Problemlösetechniken, Expositionsverfahren sowie die Vermittlung von Fertigkeiten. Grundprinzipien der Therapie dissoziativer Bewusstseinsstörungen bei Jugendlichen gibt die folgende Übersicht wieder (vgl., Brunner et al. 2008).
Grundprinzipien der Therapie dissoziativer Bewusstseinsstörungen
• Beachtung aktueller oder chronischer Belastungen/Konflikte
• Berücksichtigung psychiatrischer Komorbidität (z. B. Selbstdestruktivität)
• Verminderung der Dissoziationsneigung
• Identifikation von Auslösern
• Vermeidung von Affektüberschwemmungen
• Steigerung der Affekttoleranz (Erlernen von Strategien zur Emotionsregulation)
• Pharmakotherapie im Kontext der psychiatrischen Komorbidität
• Vorrangig ambulante Therapien, bei schweren Krisen stationäre Interventionen
• Institutionelle Hilfen
Grundsätzlich sollte erst nach einer Stärkung der internalen Affektregulationsfähigkeiten die Konfrontation mit bzw. Bearbeitung von biografischen traumatischen Erlebnissen beginnen, da diese vor einer Stabilisierung zu Hilflosigkeitsgefühlen und Affektüberflutungen führen können und die Gefahr in sich bergen, erneut dissoziative Zustände zu induzieren und so auch einen Vertrauensverlust in die Therapie herbeiführen können (Brunner et al. 2008; Brunner 2012). Auch wenn ambulante Therapieverfahren vorrangig erscheinen, profitieren insbesondere jüngere Jugendliche auch von stationären multimodalen Behandlungsprogrammen, die neben einzel- und gruppentherapeutischen Angeboten auch umfassende entwicklungsorientierte Therapiebausteine (z. B. Kunsttherapie, Musiktherapie etc.) bereithalten. Die Indikation zur stationären Behandlung wird sehr wesentlich vom Schweregrad, der komorbiden Störungen sowie der äußeren Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen bestimmt. Studien zur pharmakologischen Intervention im Altersbereich der Kinder und Jugendlichen liegen bislang nicht vor. Eine Indikation zur pharmakologischen Adjuvanztherapie sollte bei jugendlichen Patienten nach strengen Indikationskriterien gestellt werden und sich nach dem Vorliegen einer komorbiden Störung bzw. Grunderkrankung (z. B. Belastungsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung) richten.
Die Behandlung eines dissoziativen Symptomenkomplexes im Rahmen akuter oder schwerer, chronischer und kumulativer familiärer Belastungen erfordert zumeist auch institutionelle Hilfen, um den Schutz des Kindes oder Jugendlichen vor weiteren schwerwiegenden Belastungen sicherzustellen. Bei Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen liegen spezifische Therapieprogramme derzeit nicht vor, jedoch haben sich Therapiekonzepte (Fleischhaker et al. 2006), die für die Behandlung von jugendlichen und erwachsenen Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt wurden, als sehr günstig erwiesen. Hier handelt es sich um das dialektisch-behaviorale Therapiekonzept, in dessen Mittelpunkt die Stärkung der Emotionsregulierung steht. Zu Beginn der Behandlung stehen Maßnahmen zur Stressreduktion und Steigerung der Affekttoleranz im Zentrum, wobei eine Reduktion der Dissoziationsbereitschaft erzielt werden soll (Brunner und Resch 2008a; Fiedler 2008). Durch Selbstmanagementstrategien gerade für erwachsene Patienten soll die Erfahrung einer kontrollierten (statt autoregulierten) Dissoziation ermöglicht werden (Fiedler 2008). Auch ist im Rahmen der verhaltenstherapeutischen Situationsanalyse die Identifikation der Anlässe eines Depersonalisationserlebens unerlässlich, um sinnvolle Vermeidungsstrategien (z. B. Alkoholverzicht, Fernsehen mit Gewaltszenen etc.) bzw. die Aufnahme alternativer Aktivitäten zur Entlastung einzuüben. Auch nehmen kognitive Strategien zur Emotionsregulierung und Verbesserung der Stressbewältigung im verhaltenstherapeutischen Zugang einen besonderen Stellenwert ein (Fiedler 2008).

Therapie der Konversionsstörungen

Initiale Ziele der Therapie sind die Reduktion der Symptomatik, der psychosozialen Belastungen und Funktionseinschränkungen sowie im weiteren Verlauf eine Begrenzung einer inadäquaten Inanspruchnahme von medizinischen Ressourcen (Kapfhammer 2000). Die Anerkennung der vorgetragenen Symptome als real ist von fundamentaler Bedeutung, eine Trennung in somatische oder psychisch generierte Symptome von Seiten des Patienten oder auch von Seiten des Arztes stellt eine Barriere für eine erfolgreiche Behandlungsaufnahme dar (Brunner und Resch 2008a). Das Krankheitskonzept der Patienten und Eltern, das Ausmaß der Überzeugung vom Vorliegen einer körperlichen Erkrankung sowie das Ausmaß der Zufriedenheit mit den körperlichen Untersuchungen und den entsprechenden Erklärungen wie die Sichtweisen bezüglich der psychiatrischen Untersuchungen stellen kritische Faktoren für eine erfolgreiche Behandlungsaufnahme dar (Eminson 2007). Eine transparente Mitteilung der psychiatrischen Diagnose ist erforderlich trotz unzureichender Erklärungsmodelle. Die Grundprinzipien der Therapie von dissoziativen Störungen vom Konversionstypus sind in folgender Übersicht wiedergegeben (vgl. Brunner 2012).
Grundprinzipien in der Therapie von Konversionsstörungen (Brunner 2012)
• Diagnosestellung einschließlich einer möglichen somatischen und psychiatrischen Komorbidität
• Frühzeitige Einbeziehung psychologischer Hypothesen und vorsichtige Diagnoseeröffnung
• Beachtung des häufig anzutreffenden somatischen Krankheitsverständnisses der Betroffenen/Angehörigen
• Kritikfreie Annahme der Symptomatik/kein Simulationsvorwurf
• Sicherung eines Therapiebündnisses durch ein multidisziplinäres Behandlungsteam mit Feedbackkonferenzen
• Begrenzung von Inanspruchnahmen medizinischer Untersuchungen/Vermeidung iatrogener Schädigungen
• Initial Vorrang der Behandlung der Funktionseinschränkungen gegenüber Konfliktdynamik
• Integratives symptomorientiert-verhaltenstherapeutisch und psycho- und familiendynamisches Behandlungskonzept zumeist im stationären Setting
Gerade in Situationen persistierender diagnostischer Unsicherheit kann eine ansprechende Behandlung mit einer Teilremission der Störung die Behandlungsmotivation weiter fördern und damit eher die Möglichkeit eröffnen, die komorbiden emotionalen und möglicherweise vorliegenden Verhaltensprobleme aufzugreifen. Das Fokussieren auf eine Reduktion der Symptome ist ebenso essenziell wie die Vereinbarung eines realistischen, akzeptablen Behandlungsziels (keine Schmerzfreiheit oder absolute Sicherheit zum Ausschluss einer psychosomatischen Erkrankung). Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zur diagnostischen Einschätzung und Festlegung des Behandlungskonzeptes von Pädiatern bzw. Neurologen (bei erwachsenen Patienten) und von Psychiatern und Psychotherapeuten erscheint notwendig zur Vermeidung von Missinterpretationen oder verzerrten Darstellungen über diagnostische Einschätzungen oder therapeutische Maßnahmen (Brunner und Resch 2008a). Handelt es sich um chronifizierte Störungen mit z. T. erheblich psychosozialen Funktionseinschränkungen, ist die Behandlung im stationären Rahmen indiziert. Bei beispielsweise dissoziativen Bewegungsstörungen oder Krampfanfällen bewährt sich ein integratives Behandlungskonzept, das eine symptomorientierte Therapie, konfliktaufarbeitende Psychotherapie und milieutherapeutische Maßnahmen zu einem Ganzen zusammenführt (Campo und Fritz 2001). Das Behandlungsteam soll die Anforderungen schrittweise an den Patienten herantragen, auch mit dem Ziel, den nicht selten bestehenden sekundären Krankheitsgewinn zu minimieren. Ausgeprägtes Rückzugs- oder Vermeidungsverhalten, verbunden mit einem primären oder sekundären Krankheitsgewinn, macht verhaltenstherapeutische Maßnahmen auch im Sinne von Verstärkerplänen unerlässlich. Als besonders günstig erwiesen hat sich die Verbindung von aktiven und passiven symptomorientierten Behandlungsformen. Als aktive Formen werden Bewegungsübungen (z. B. sukzessive Belastungen durch das Laufen mit Krücken bei dissoziativen Bewegungsstörungen), Krankengymnastik und Körpertherapie angesehen. Diese zielen auf eine Symptomreduktion unter der Selbstkontrolle der Patienten unter Wahrung ihres Gesichtes („escape with honour“) (Maisami und Freeman 1987). Die passiven Therapieformen umfassen Massagen und Wärmebehandlungen, Reizstimulation etc. und haben einen zum Teil suggestiven Charakter, der auch teilweise den regressiven Bedürfnissen der Patienten Rechnung trägt. Die angstmindernde, konfliktaufarbeitende und stützende Psychotherapie in Form einer Einzel-, Familien- und Gruppentherapie dient der Bearbeitung von auslösenden und krankheitsaufrechterhaltenden Faktoren, um Rezidive und Symptomverschiebungen vermeiden zu können (Brunner und Resch 2008a).

Psychopharmakologische Interventionen

Bisher steht ein überzeugender Nachweis spezifischer Effekte von Psychopharmaka auf dissoziative Bewusstseinssymptome aus. Im Rahmen von klinischen Beobachtungen wurde eine Abnahme des Depersonalisationserlebens im Zusammenhang mit der Einnahme von Psychopharmaka unterschiedlicher Substanzgruppen (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer, trizyklische Antidepressiva) beschrieben, die vermutlich aber durch eine allgemeine Reduktion der Affektspannung und Angstreduktion erreicht wird. In kontrollierten Therapiestudien konnten für Fluoxetin (Simeon et al. 2004) und Lamotrigen (Sierra et al. 2003) kein Effekt in der Behandlung erwachsener Patienten mit einer Depersonalisationsstörung nachgewiesen werden. Auch scheint die Ansprechbarkeit von Antidepressiva über eine Reduktion der depressiven und Angstsymptomatik im Rahmen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung zu einer Abnahme der dissoziativen Symptomatik zu führen, sodass die Anwendung einer Pharmakotherapie sich gegebenenfalls nach dem Vorliegen einer komorbiden Störung bzw. einer Grunderkrankung, z. B. der Borderline-Persönlichkeitsstörung, ausrichten sollte. Bei Patienten mit einer Borderline-Störung wurde zudem eine positive Wirkung von nichtselektiven Opiat-Rezeptorantagonisten (Naltrexon) auf dissoziative Psychopathologie beschrieben (Bohus et al. 1999). Im Bereich der Konversionsstörung liegen keine kontrollierten Therapiestudien mit Psychopharmaka vor.

Fazit

Auch wenn isoliert auftretende dissoziative Bewusstseinsstörungen wie das Depersonalisationssyndrom selten isoliert auftreten, sind dissoziative Erlebens- und Verhaltensmuster häufig assoziiert mit vielfältigen psychiatrischen Auffälligkeiten, insbesondere mit selbstschädigenden Verhaltensweisen bei jugendlichen Patienten. Neben der Assoziation mit einem repetitiven selbstverletzenden Verhalten stellen dissoziative Symptome im Rahmen der Borderline-Persönlichkeitsstörung einen besonderen Stellenwert dar. Darüber hinaus zeigt ein substanzieller Anteil von Konversionsstörungen insbesondere der dissoziativen Krampfanfälle, aber auch der Bewegungsstörungen, unzureichende Remissionen mit zum Teil anhaltendenden schwerwiegenden psychosozialen Funktionsverlusten.
Ein unzureichendes ätiologisches Verständnis der dissoziativen Störungen vom Bewusstseinstypus sowie des Konversionstypus erschwert weiterhin die Entwicklung therapeutischer Interventionen. Das Fehlen kontrollierter Therapiestudien im Kindes- und Jugendalter schränkt die therapeutische Handlungsfähigkeit derzeit erheblich ein. Dissoziative Störungen in einem entwicklungspsychopathologischen Kontext zu untersuchen, der von sozialen bis hin zu neurobiologischen Faktoren reicht, wäre auch hilfreich für das Verständnis belastungsreaktiver Störungen im Kindes- und Jugendalter (Anpassungsstörungen, akute und posttraumatische Belastungsreaktionen und -störungen). Die Unsicherheit des Klinikers in der diagnostischen und differenzialdiagnostischen Beurteilung ist charakteristisch für beide Störungsgruppen. Bei der Diagnostik und Therapie kommt bei den Konversionsstörungen der interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Pädiatrie und Neurologie ein besonderer Stellenwert zu.
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