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DSM-5 und ICD-11: Verwendung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und – Psychotherapie

Verfasst von: Cedric Sachser und Paul L. Plener
Die Klassifikation psychischer Erkrankungen zielt darauf ab Störungsbilder zu definieren, die für betroffene Patient:innen mit einer Beeinträchtigung in mehreren Bereichen des Lebens einhergehen. Hier werden die beiden Klassifikationssysteme, das Diagnostic and Statistical Manual sowie die International Classification of Diseases in ihren aktuellsten Versionen verglichen, um einerseits einen Überblick über die Systematik der beiden Systeme zu bieten und andererseits auch darauf aufbauend Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen den beiden Systemen herauszuarbeiten. Gerade in den letzten Jahren zeigt sich, basierend auf psychologischer, wie auch auf neurobiologischer Forschung, dass die kategoriale Einteilung von Krankheitsentitäten wenig Entsprechungen etwa auf der Ebene genetischer Befunde, oder aber auch distinkt abgrenzbarer Auslösefaktoren hat, sodass sich in der Forschung auch alternative Klassifikationsmodelle etabliert haben. Diese neueren Entwicklungen können einen wesentlichen Beitrag zu einem differenzierten Verständnis der Ursachen (und potenziell auch der Behandlung) von psychischen Erkrankungen leisten, sodass die Thematik auch in den kommenden Jahren eine hohe Relevanz für das Verständnis von psychischer Gesundheit und Krankheit haben wird.

Störungskonzepte in der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Schätzung zu Folge zeigen sich bei 20 % aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland Hinweise auf das Vorhandensein von psychischen Auffälligkeiten. Dabei zeigen sich vor allem spezifische psychische Auffälligkeiten in Form von Ängsten bei etwa 10,0 %, in Form von Störungen des Sozialverhaltens bei 7,6 % und Depressionen bei etwa 5,4 % der Kinder und Jugendlichen (Ravens-Sieberer et al. 2007). Auch wenn diese Werte im Zuge der COVID-19-Pandemie gestiegen sind (Ravens-Sieberer et al. 2023), so wird erst in den kommenden Jahren klar werden, inwiefern diese Prävalenzerhöhungen von Dauer sein werden. Um die in Kindheit und Jugend auftretenden Phänomene in Form von emotionalen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten zu erkennen, einzuordnen und gezielt behandeln zu können, braucht es Klassifikationssysteme innerhalb derer einzelne Symptome, welche häufig gemeinsam auftreten zu Syndromen bzw. übergeordneten Störungsbildern zusammengefasst werden. Die Gruppierung von unzähligen unterschiedlichen Symptomen innerhalb weniger, aber dafür häufig gemeinsam auftretenden klinischen Präsentationen oder Syndromen ermöglicht erst eine überschaubare und handhabbare Terminologie und gemeinsamen Sprachgebrauch zur Verständigung zwischen Ärzten, Patienten, Therapeuten, Krankenkassen und anderen Akteuren innerhalb des Hilfesystems sowie gezielter Behandlungsmöglichkeiten. Dabei muss es unweigerlich zu Widersprüchen kommen, da die klinische Realität vielfach nicht in Einklang zu bringen ist mit in distinkten Entitäten festgeschriebenen Krankheitsbildern. Daraus resultiert eine gewisse Heterogenität in Klassifikationssystemen, etwa in dem Sinne, dass bestimmte potenzielle Auslöser (etwa belastende Lebenserfahrungen) sich in mehreren Störungskategorien finden lassen, oder aber auch Phänomene wie „psychotische Symptome“ in mehr als einer Krankheitsentität anzutreffen sind (Allsopp et al. 2019). Darüber hinaus existieren transdiagnostische Risikofaktoren (Lynch et al. 2021), die ebenfalls die Grenzen vieler Störungsbilder überschreiten. Nicht zuletzt die Ergebnisse der genetischen Forschung zeigen auf, dass die verschiedenen, in Klassifikationssystemen abgegrenzt definierten Erkrankungsbilder, sich auf der Ebene genetischer Befunde nicht klar trennen lassen und große Überlappungsbereiche existieren (Brainstorm Consortium 2018; Gandal et al. 2018). All diese Befunde weisen in die Richtung alternativer Schemata (Abschn. 4), die die momentan bestehenden Grenzen zwischen Krankheitsentitäten in großen Teilen aufheben oder zumindest neu definieren (Lynch et al. 2021). Das stellt die Frage, wie man überhaupt eine psychische Erkrankung definieren soll. Die fünfte Auflage des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen DSM-5® (APA 2014) definiert eine psychische Erkrankung als ein Syndrom, das durch eine klinisch signifikante Störung der Kognition, der emotionalen Regulation oder des Verhaltens eines Individuums gekennzeichnet wird. Dieses Störungsbild ist Ausdruck einer Dysfunktion in psychologischen, biologischen oder Entwicklungsprozessen. Diese Erkrankungen gehen für gewöhnlich mit signifikanten Belastungen oder Einschränkungen im sozialen oder Arbeitskontext oder bei anderen wichtigen Aktivitäten einher. Dabei wird auch darauf verwiesen, dass eine erwartete oder auch eine kulturell akzeptierte Reaktion auf einen normativen Stressor oder Verlust (wie der Verlust eines geliebten Menschen) nicht als Ausdruck einer psychischen Erkrankung verstanden wird. Ebenso wenig werden sozial abweichendes Verhalten oder Konflikte zwischen dem Individuum und der Gesellschaft per se als Ausdruck einer psychischen Erkrankung verstanden, außer dieses resultiert auf den vorgenannten Abweichungen (APA 2014). Es wird weiters darauf verwiesen, dass die Diagnose einer psychischen Erkrankung einen klinischen Nutzen aufweisen muss in dem Sinne, als dass diese Einteilung es ermöglicht Prognosen zu stellen und Behandlungspläne zu entwerfen und eine Behandlung einzuleiten (auch wenn darauf verwiesen wird, dass das bloße Vorhandensein einer Diagnose nicht zwangsläufig eine Behandlungsnotwendigkeit nach sich zieht).

Klassifikationssysteme und Störungskonzepte – Kultur und gesellschaftliches Umfeld

Auch wenn Klassifikationssysteme und die darin enthaltenden Störungskonzepte bzw. Diagnosen vor allem innerhalb westlich kulturell geprägter Forschung entstanden sind, konnten viele Störungen und Entitäten auch innerhalb von anderen Kulturkreisen validiert werden. Hervorzuheben ist allerdings die kulturelle Bedingtheit psychiatrischer Diagnosen. Von Henrich und Kollegen (2010) wurde darauf hingewiesen, dass 96 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an psychologischen Studien aus Ländern stammen, die 12 % der Weltbevölkerung repräsentieren, sog. WEIRD-Countries („western, educated, industrialised, rich, democratic“).
So muss das Vorhandensein psychischer Störungen immer innerhalb bestehender kultureller und sozialer Normen definiert werden, sodass die Grenze auf der Dimension von Normalität hin zur Pathologie von Kultur zu Kultur, von Gesellschaft zu Gesellschaft und auch von Familie zu Familie variieren kann. So bestimmen nicht nur die in Klassifikationssystemen beschriebenen Kriterien in Form von Symptomen und Diagnosealgorithmen das Vorhandensein von psychischen Störungen – sondern müssen immer in einen Zusammenhang mit dem äußeren Bezugssystem eines Individuums gestellt werden.

Klassifikationssysteme psychischer Störungen

Diagnostic and Statistical Manual of Mental Health Disorders, Fifth Edition (DSM-5)

Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen DSM-5®, herausgegeben durch die American Psychiatric Association (APA 2014) ist ein Klassifikationssystem, das Kliniker bei einer validen Diagnosestellung anhand von diagnostischen Kriterien für psychische Störungen unterstützen soll. Hierbei sind in Kap. II die Kriterien und Diagnosealgorithmen explizit beschrieben, um diagnostische Entscheidungen zu erleichtern. Im Vergleich zu seinem Vorgängermodell DSM-IV macht das DSM-5 deutlich, dass ein kategoriales Krankheitsverständnis psychischer Störungen einem dimensionalen Krankheitsbild weichen sollte, da Störungskategorien über die Lebensspanne fließend ineinander übergehen können. Jedoch bleibt das DSM-5 im Wesentlichen bei der kategorialen Klassifikation von psychischen Störungen und stellt lediglich ergänzende dimensionale Maße vor, die störungskategorieübergreifend Anwendung finden können. Hier ist aus klinischer Sicht zu verdeutlichen, dass eine gewisse Kategorisierung natürlich für die Entscheidungsfindung immer notwendig sein wird. Neben den diagnostischen Kriterien beinhaltet das DSM-5 zu jeder Störung kurze beschreibenden Abschnitte zu Zusatzkodierungen, diagnostischen Merkmalen, zugehörigen Merkmalen zur Diagnosesicherung, Prävalenz, Entwicklung und Verlauf, Risiko- und prognostische Faktoren, kulturelle Besonderheiten, geschlechtsspezifische Besonderheiten, diagnostischen Markern, Suizidrisiko, funktionellen Folgen, Differenzialdiagnosen und Komorbidität. Eine Übersicht über die im DSM-5 enthaltenen Störungsbilder bietet die folgende Übersicht.
Metastruktur des DSM-5: Störungskategorien und zugehörige Störungen
Neben den in der Übersicht beschriebenen Störungen gibt es für jede Störungskategorie noch zwei sog. diagnostische Restkategorien „Andere näher bezeichnete Störung“ und „Andere nicht näher bezeichnete Störung“, wobei die erste Kategorie die Möglichkeit bietet einen spezifischen Grund anzugeben, warum das Erscheinungsbild nicht den diagnostischen Kriterien für eine spezifische andere Störung innerhalb der Störungskategorie entspricht. Wenn der Kliniker keine genauen Gründe angeben kann, sollte die zweite Kategorie „Andere nicht näher bezeichnete Störung“ benutzt werden.
Eine DSM-5-Diagnose bezieht sich immer auf den aktuellen Zustand eines Patienten, dennoch sollten anamnestische Information entsprechend mitvermerkt werden. Um dem dimensionalen Ansatz psychischer Störungen und Verläufen über die Zeit Rechnung zu tragen, gibt es daher für manche Diagnosen Zusatzkodierungen die Verlaufsangaben (z. B. verzögerter Beginn, teilremittiert, vollremittiert) und Schwergradspezifikationen (z. B. leicht, mittelgradig, schwer) ermöglichen sowie deskriptive Zusatzinformationen (z. B. mit dissoziativen Symptomen), die hinsichtlich der Therapieplanung mitaufgenommen werden können. Jedoch muss festgestellt werden, dass diese Zusatzkodierungen nur bei wenigen Störungen Einzug in das Kodierungssystem des DSM-5 gefunden haben und das DSM-5 in seiner Gesamtheit der darin enthaltenen Störungsbilder nur andeutungsweise dem dimensionalen Krankheitsverständnis entspricht.
Im Vergleich zu der Vorgängerversion DSM-IV sind im DSM-5 neben der Aufgabe des multiaxialen Systems und der Neuanordnung der Störungen auch wesentliche Veränderungen auf Störungsebene enthalten, so z. B. die Einführung neuer Diagnosen, wie etwa der Binge-Eating-Störung, der prämenstruellen dysphorischen Störung, der disruptiven Affektregulationsstörung, des pathologischen Hortens, der Dermatillomanie und des Koffeinentzugs (Ehret und Berking 2013).
Im Rahmen der Kinder- und jugendpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Betrachtungsweise des DSM ist besonders hervorzuheben, dass die vormals im Kap. „Störungen, die gewöhnlich zuerst im Kleinkindalter, in der Kindheit oder Adoleszenz diagnostiziert werden“ verorteten Störungen des DSM-IV sich nun im DSM-5 z. T. im Kap. der „Störungen der neuronalen und mentalen Entwicklung“ (z. B. ADHS, Tic-Störung, Autismus etc.), aber auch in den Kap. zu „Fütter- und Essstörungen“ (Pica, Ruminationsstörung) sowie im Kap. zu „Trauma- und belastungsbezogene Störungen“ (reaktive Bindungsstörung) befinden. Die Störung mit Trennungsangst und der selektive Mutismus finden sich nun im Kap. der „Angststörungen“ wieder. Die Störung mit oppositionellem Trotzverhalten und die Störung des Sozialverhaltens fallen im DSM-5 unter das Kap. der „Disruptiven, Impulskontroll- und Sozialverhaltensstörungen“ (Ehret und Berking 2013). Störungen der Ausscheidung (Enuresis, Enkopresis) bekamen ein eigenes Kap. „Ausscheidungsstörungen“ im DSM-5.
Nur für wenige Diagnosen lassen sich kinder- oder jugendspezifische Kriterien finden, lediglich in den beschreibenden Abschnitten zu Entwicklung und Verlauf werden entwicklungsangepasste Symptome beschrieben. Eine Ausnahme bildet die posttraumatische Belastungsstörung im Vorschulalter (bis 6 Jahre) für die explizit andere diagnostische Kriterien und ein sensitiverer Diagnosealgorithmus beschrieben sind.
Das DSM-5 nennt im Kap. III weitere klinische Erscheinungsbilder inklusive Kriterienlisten für die vor Publikation des DSM-5 noch zu wenige Belege vorlagen, um diese als offizielle Diagnosen psychischer Störungen zu rechtfertigen. Unter anderem werden darin genannt: attenuiertes Psychose-Syndrom, depressive Episoden mit kurz anhaltender Hypomanie, Störung durch eine anhaltende komplexe Trauerreaktion, Störung durch Koffeinkonsum, Störung durch Spielen von Internetspielen, Verhaltensstörung aufgrund pränataler Schädigung durch Alkohol, suizidale Verhaltensstörung, nichtsuizidale Selbstverletzungen.
Neben dem relativ klassischen Modell der Persönlichkeitsstörungen mit einer allgemeinen Definition von Persönlichkeitsstörungen und 10 spezifischen Formen von Persönlichkeitsstörungen, welches eine kategoriale Sichtweise mit qualitativ klar unterscheidbaren und distinkten Syndromen darstellt, schlägt das DSM-5 im Teil III noch ein weiteres alternatives Modell für Persönlichkeitsstörungen vor (Abb. 1). In diesem alternativen Modell werden Persönlichkeitsstörungen durch Beeinträchtigungen im Funktionsniveau der Persönlichkeit (Selbst: Identität und Selbststeuerung; Interpersonelle Beziehungen: Empathie und Nähe) sowie durch problematische Persönlichkeitsmerkmale innerhalb der fünf Merkmalsdomänen negative Affektivität, Verschlossenheit, Antagonismus, Enthemmtheit und Psychotizismus definiert, wobei innerhalb dieser fünf Merkmalsdomänen 25 spezifischer Merkmalsfacetten definiert werden.
Im Teil III beschreibt das DSM-5 ebenfalls in der Entwicklung befindliche Instrumente und Modelle. Dort befinden sich auch die syndromübergreifenden Erhebungsinstrumente zur Selbst- und Fremdbeurteilung für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche (6–17 Jahre), der World Health Organization Disability Assessment Schedule 2.0 (WHODAS 2.0) zur Selbstbeurteilung von Beeinträchtigungen bei Erwachsenen, sowie das Cultural-Formulation-Interview, dass dabei helfen soll die kulturelle Identität des Individuums und kulturell gebundene Leidenskonzepte sowie psychosoziale Stressoren und kulturelle Besonderheiten von Vulnerabilität und Resilienz innerhalb der diagnostischen Entscheidungsfindung in die Diagnosestellung und Behandlung zu integrieren.
Im Zuge der Veröffentlichung des DSM-5 kam es zu massiver Kritik gegenüber dem revidierten Diagnosesystem im Wesentlichen durch mangelnde Einhaltung des Manuals für Entscheidungsprozesse durch verschiedene Arbeitsgruppen und mangelhafte wissenschaftliche Absicherung der Entscheidungen durch fehlende oder unzureichende Kosten-Nutzen-Analysen (Ehret und Berking 2013). Weitere Kritikpunkte auf Ebene der Störungskonzepte war die Hinzunahme der Störungsbilder prämenstruelle dysphorische Störung, disruptive Affektregulationsstörung, Krankheitsangststörung, pathologisches Horten, Binge-Eating-Störung und der leichten neurokognitiven Störung sowie das Entfernen des Verlustes einer Person (normale Trauer) als Ausschlusskriterium für eine Major Depression, welche laut den Kritikern die Grenze zwischen Gesundheit und Psychopathologie weiter in Richtung Normalität verschoben haben. Allen Frances einer der größten Kritiker und der ehemalige Vorsitzende der Arbeitsgruppe für das DSM-IV beschreibt in seinem populärwissenschaftlichen Buch „Normal“ das DSM-5 als ein Sammelsurium ohne innere Logik, dass zu einer diagnostischen Inflation und damit einhergehenden Inflation der Verschreibung von Psychopharmaka führe (Frances 2013).

International Classification of Diseases 11. Revision (ICD-11)

Wie auch ihre Vorgängermodelle beinhaltet die ICD-11 (International Classification of Diseases, 11th Version) als offizielles Klassifikationssystem der World Health Organisation (WHO) eine weltweit verbindliche Nomenklatur für alle Erkrankungen einschließlich psychischer Erkrankungen. Der Revisionsprozess zur Erstellung der ICD-11 folgt den von der WHO beschrieben Leitlinien, deren Fokus klar auf dem klinischen Nutzen liegen soll, um weltweit Identifizierungs- und Behandlungsoptionen zu vereinfachen. Laut WHO soll die ICD als Instrument für die Erhebung und Übermittlung gesundheitlicher Informationen mit folgenden Zwecken dienen (Klein et al. 2015):
  • Überwachung von Epidemien bzw. Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit,
  • Überwachung der Krankheitslast,
  • Identifizierung vulnerabler Risikopopulationen,
  • Erleichterung des Zugangs zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung,
  • Erforschung wirksamer Behandlungsmaßnahmen,
  • Grundlage für die Entwicklung von Leitlinien für die Pflege,
  • Grundlage für die Entwicklung von Standards für die klinische Praxis,
  • Formulierung von Verpflichtungen für Mitgliedstaaten der WHO kostenlose oder subventionierte Gesundheitsversorgung für ihre Bevölkerung bereitzustellen.
Der Revisionsprozess ist gekennzeichnet durch eine multidisziplinäre, globale und mehrsprachige Entwicklung in kontinuierlichem Austausch zwischen beteiligten Interessenvertretern. Der Revisionsprozess wurde abgeschlossen und die formal von der 72. Generalversammlung der WHO 2019 akkordierte Version (WHO 2021) ist online verfügbar und seit dem 01.01.2022 in Kraft getreten. Da allerdings noch keine offizielle Übersetzung vorliegt, wird im klinischen Alltag zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches weiterhin die ICD-10 verwendet, die auch für die Abrechnung von klinischen Leistungen weiterhin Relevanz besitzt. Vor diesem Hintergrund sind auch die hier vorgenommenen Übersetzungen zu sehen, die von den Autoren des Kapitels angefertigt wurden, ohne dass diese den Anspruch erheben können eine offizielle Übersetzung zu sein.
Die Metastruktur der ICD-11 beinhaltet alle klassifizierbaren körperlichen und psychischen Erkrankungen innerhalb von 26 Kapiteln. So werden in Kap. 6 der ICD-11 „Psychische Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten und Störungen der Entwicklung des Nervensystems“ dargestellt. Einzelne in der ICD-10 und dem DSM-5 verortete psychische Störungen finden sich allerdings in anderen Kapiteln der ICD-11, so werden Schlaf-Wach-Störungen (Kap. 17) und Erkrankungen des Nervensystems (Kap. 8) in separaten Kapiteln außerhalb des Kap. 6 „Psychische Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten und Störungen der Entwicklung des Nervensystems“ eingeordnet.
Metastruktur des ICD-11-Kap. 6 „Psychische Erkrankungen, Verhaltensauffäl​ligkeiten und Störungen der Entwicklung des Nervensystems“: Störungskategorien und zugehörige Störungen
  • Neuronale Entwicklungsstörungen
    • Intellektuelle Entwicklungsstörungen 6A00
    • Kommunikationsstörungen 6A01
    • Entwicklungsbezogene Lernstörungen 6A03
    • Entwicklungsbezogene motorische Koordinationsstörung 6A04
    • ADHS 6A05
    • Stereotype Bewegungsstörung 6A06
    • Sekundäre neuronale Entwicklungsstörungen 6E60
  • Schizophrenie oder andere primär psychotische Störungen
    • Schizophrenie 6A20
    • Schizoaffektive Störung 6A21
    • Akute und vorübergehende psychotische Störung 6A23
    • Wahnhafte Störung 6A24
    • Symptomatische Manifestationen primärer psychotischer Störungen 6A25
    • Subtanzinduzierte psychotische Störungen 6C4xxx
    • Sekundäre psychotische Syndrome 6E61
  • Katatonie
    • Katatonie in Verbindung mit einer anderen psychischen Störung 6A40
    • Subtanz-/medikamenteninduzierte Katatonie 6A41
    • Sekundäres Katatoniesyndrom 6E69
  • Affektive Störungen
  • Angststörungen
  • Zwangsstörungen und verwandte Störungen
    • Zwangsstörung 6B20
    • Olfaktorische Referenzstörung 6B22
    • Pathologisches Horten 6B24
    • Körperbezogene repetitive Verhaltensstörungen 6B25
    • Substanzinduzierte Zwangsstörungen und verwandte Störungen 6C4xxx
    • Sekundäre Zwangsstörung oder verwandte Störungen 6E64
  • Stressassoziierte Störungen
  • Dissoziative Störungen
  • Fütter- und Essstörungen
    • Bulimie nervosa 6B81
    • Binge Eating Disorder 6B82
    • Störung mit Vermeidung oder Einschränkung der Nahrungsaufnahme 6B83
    • Pica 6B84
    • Ruminationsstörung 6B85
  • Ausscheidungsstörungen
  • Somatische Belastungsstörungen
    • Somatische Belastungsstörung 6C20
    • Körperintegritätsdysphorie 6C21
  • Störungen in Zusammenhang mit Substanzgebrauch und abhängigen Verhaltensweisen
    • Störungen in Zusammenhang mit Substanzgebrauch
      • Störungen durch Alkohol 6C40
      • Störungen durch Cannabis 6C41
      • Störungen durch synthetische Cannbinoide 6C42
      • Störungen durch Opioide 6C43
      • Störungen durch Sedative, Hypnotika und Anxiolytika 6C44
      • Störungen durch Kokain 6C45
      • Störungen durch Stimulanzien (Amphetamine, Methamphetamine, Methcathinon) 6C46
      • Störungen durch synthetische Cathinone 6C47
      • Störungen durch Koffein 6C48
      • Störungen durch Halluzinogene 6C49
      • Störungen durch Nikotin 6C4A
      • Störungen durch Inhalanzien 6C4B
      • Störungen durch MDMA und verwandte Substanzen, inklusive MDA 6C4C
      • Störungen durch dissoziative Substanzen, inklusive Ketamin und Phencyclidine (PCP) 6C4D
      • Störungen durch andere spezifische psychoaktive Substanzen, inklusive Medikamente 6C4E
      • Störungen durch multiplen Substanzgebrauch mit psychoaktiven Substanzen, inklusive Medikamente 6C4F
      • Störungen durch andere unbekannte psychoaktive Substanzen 6C4G
      • Störungen durch nicht psychoaktive Substanzen 6C4H
    • Störungen in Zusammenhang mit abhängigen Verhaltensweisen
      • Störungen durch Glückspiel (Spielsucht) 6C50
      • Computerspielsucht 6C51
  • Impulskontrollstörungen
    • Zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung 6C72
    • Intermittierende explosive Störung 6C73
    • Subtanzinduzierte Impulskontrollstörung 6C4xxx
  • Disruptive Verhaltens- und dissoziale Störungen
    • Störung mit oppositionellem Trotzverhalten 6C90
    • Störung des Sozialverhaltens 6C91
  • Persönlichkeitsstörungen und assoziierte Persönlichkeitsmerkmale
    • Persönlichkeitsstörung 6D10
    • Prominentes Persönlichkeitsmerkmal 6D11
  • Paraphile Störungen
    • Exhibitionistische Störung 6D30
    • Voyeuristische Störung 6D31
    • Pädophile Störung 6D32
    • Sexuell sadistische Störung 6D33
    • Frotteuristische Störung 6D34
    • Andere paraphile Störung unter Einbezug nicht einverstandener oder nicht einwilligungsfähiger Personen 6D35
    • Paraphile Störung unter Einbezug zustimmender Individuen oder ohne Einbezug anderer 6D36
  • Artifizielle Störung
    • Artifizielle Störung bei sich selbst 6D50
    • Artifizielle Störung unter Einbezug Anderer 6D51
  • Neurokognitive Störungen
    • Delirium 6D70
      • Delirium aufgrund eines andernorts klassifizierten Erkrankung 6D70.0
      • Delirium aufgrund psychoaktiver Substanzen oder Medikation 6D70.1
      • Delirium aufgrund multipler ätiologische Faktoren 6D70.2
      • Delirium aufgrund unbekannter oder nicht spezifischer ätiologischer Faktoren 6D70.3
    • Milde neurokognitive Störung 6D71
    • Amnesie-Störung 6D72
      • Amnesie-Störung aufgrund einer andernorts klassifizierten Erkrankung 6D72.0
      • Amnesie-Störung aufgrund psychoaktiver Substanzen oder Medikation 6D72.1
    • Demenz
      • Demenz aufgrund Alzheimer-Erkrankung 6D80
      • Demenz aufgrund zerebrovaskulärer Demenz 6D81
      • Demenz aufgrund Lewy-Körper-Demenz 6D82
      • Demenz aufgrund psychoaktiver Substanzen, inklusive Medikamenten 6D84
      • Demenz aufgrund einer andernorts klassifizierten Erkrankung 6D85
      • Verhaltensauffälligkeiten und psychische Störungen aufgrund von Demenz 6D86
  • Psychische oder Verhaltensstörungen assoziiert mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
    • Wochenbettdepression ohne psychotische Symptome 6E20
    • Wochenbettdepression mit psychotischen Symptomen 6E21
  • Psychologische Faktoren und Verhaltensfaktoren, welche andernorts klassifizierte Störungen oder Krankheiten beeinflussen 6E40
    • Psychische Störungen, welche andernorts klassifizierte Störungen oder Krankheiten beeinflussen 6E40.0
    • Psychische Symptome, welche andernorts klassifizierte Störungen oder Krankheiten beeinflussen 6E40.1
    • Persönlichkeitsmerkmale oder Bewältigungsstrategien, welche andernorts klassifizierte Störungen oder Krankheiten beeinflussen 6E40.2
    • Maladaptives Gesundheitsverhalten, welches andernorts klassifizierte Störungen oder Krankheiten beeinflusst 6E40.3
    • Stressassoziierte physiologische Belastung, welche andernorts klassifizierte Störungen oder Krankheiten beeinflusst 6E40.4
Anmerkung: Es handelt sich um deutsche Übersetzungen der Störungskategorien und Störungsbilder der Autoren, die nicht durch die WHO autorisiert wurden (ICD-11 for Mortality and Morbidity Statiststics 2018: https://icd.who.int/browse11/l-m/en).
Im Kap. 7 „Schlaf-Wach-Störungen“ finden sich folgende für die Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie relevanten Störungen:
Im Kap. 17 „Störungen der sexuellen Gesundheit“ werden sowohl Störungen der sexuellen Gesundheit mit nichtorganischem als auch organischen Ursachen oder Dysfunktionen beschrieben. Dies trägt vor allem dem Fakt Rechnung, dass hinsichtlich von ätiologischen und aufrechterhaltenden Faktoren von sexuellen Funktionsstörungen sowohl biologische als auch psychologische Komponenten und deren Interaktion als Ursachen anzusehen sind. In gleicher Weise entspricht die Verortung von Störungen, wie etwa dem Transsexualismus (ICD-10), in dieses Kapitel einer Entpathologisierung und Entstigmatisierung durch die Herausnahme aus dem Kap. 6 für psychische Störungen.
Das Kap. 17 „Störungen der sexuellen Gesundheit“ enthält die folgenden psychiatrisch relevanten Diagnosen:
  • sexuelle Funktionsstörungen,
    • Dysfunktion des sexuellen Verlangens HA00,
      • lebenslang und generalisiert HA00.0,
      • lebenslang und situationsbedingt HA00.1,
      • erworben und generalisiert HA00.2,
      • erworben und situationsbedingt HA00.3,
    • Dysfunktion der sexuellen Erregung,
    • Dysfunktionen des Orgasmus,
      • Anorgasmie HA02.0,
    • ejakulatorische Dysfunktionen
      • frühzeitige Ejakulation HA03.0,
      • verzögerte Ejakulation HA03.1,
      • retrograde Ejakulation MF40.3,
  • sexuelle Schmerzstörungen,
    • sexuelle Schmerz-Penetrationsstörung,
      • lebenslang und generalisiert HA20.0,
      • lebenslang und situationsbedingt HA20.1,
      • erworben und generalisiert HA20.2,
      • erworben und situationsbedingt HA20.3,
  • ätiologische Überlegungen der sexuellen Funktionsstörung und sexuellen Schmerzstörung,
    • ätiologische Überlegungen assoziiert mit körperlichen Bedingungen, Verletzung, oder dem Effekt von Operationen oder Bestrahlung HA40.0
    • ätiologische Überlegungen assoziiert mit psychischen oder Verhaltensfaktoren, inklusive psychischer Erkrankungen HA40.1,
    • ätiologische Überlegungen assoziiert mit dem Gebrauch psychoaktiver Substanzen oder Medikation HA 40.2,
    • ätiologische Überlegungen assoziiert mit Wissens- oder Erfahrungsdefiziten HA40.3,
    • ätiologische Überlegungen assoziiert mit Beziehungsfaktoren HA 40.4,
    • ätiologische Überlegungen assoziiert mit kulturellen Faktoren HA40.5,
  • Geschlechtsinkongruenz,
    • Geschlechtsinkongruenz in der Adoleszenz oder dem Erwachsenenalter HA60,
    • Geschlechtsinkongruent in der Kindheit HA61.
Im Kap. „Erkrankungen des Nervensystems“ (Kap. 8) finden sich ebenfalls Erkrankungen die sich in der Schnittstelle zwischen Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie bewegen:
  • neurokognitive Störungen,
    • Alzheimer 8A20,
    • progressive fokale Atrophien 8A21,
    • Lewy-Körper-Demenz 8A22,
    • frontotemporale Lappendegeneration 8A23,
  • Kopfschmerzstörungen,
Auch die Tic-Störungen (8A05.0) mit dem Tourette-Syndrom (8A05.00) werden nun dem achten Kapitel zugeordnet und finden sich im Unterkapitel zu den Bewegungsstörungen. Da chronische Schmerzen in der ICD-10 nur unzureichend abgebildet wurden und nicht systematisch kodierbar waren, wurde für die ICD-11 eine Neuklassifizierung für chronische Schmerzen vorgeschlagen (Treede et al. 2015). Dabei soll dem biopsychosozialen Krankheitsmodell chronischer Schmerzen Rechnung getragen werden, um unterschiedliche chronische Schmerzen besser diagnostisch abbilden zu können und passender multimodaler Schmerztherapien zuzuführen. Die Taxonomie chronischer Schmerzzustände findet sich in der ICD-11 im Kap. 21 „Nicht andernorts klassifizierte Symptome, Zeichen oder klinische Befunde“.
Betrachtet man den Vorschlag zu Persönlichkeitsstörungen für die ICD-11 (Abb. 2), so wird klar, dass aus einer ehemals kategorialen Klassifikation von Differenzialtypen auf der Basis polythetischer Kriterienlisten in der ICD-10 eine weitgehend dimensionale Klassifikation geworden ist (Herpertz 2018). Der Diagnosestatus einer Persönlichkeitsstörung ergibt sich durch Erfüllung der allgemeinen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung, welche für die ICD-11 in drei Schweregrade unterteilt wird: leicht (6D10.0), mittelgradig (6D10.1), schwer (6D10.2) und zur näheren Beschreibung fünf Persönlichkeitsdomänen negative Affektivität (6D11.0), Verschlossenheit (6D11.1), Dissozialität (6D11.2), Enthemmtheit (6D11.3), Zwanghaftigkeit (6D11.4) heranzieht sowie eine separate Kategorie für ein Borderline-Muster (6D11.5) enthält.

Vergleich zwischen DSM-5 und ICD-11

In Deutschland zeigt sich eine Spaltung hinsichtlich der beiden Klassifikationssystemen DSM und ICD hinsichtlich der klinischen Praxis mit sozialrechtlichen Bestimmungen zum einen und der angloamerikanisch geprägten Forschungslandschaft zum anderen. So ist zur Diagnosestellung die Verwendung des ICD-Diagnoseschlüssels und der darin befindlichen Diagnosen Voraussetzung für die vertragsärztliche und vertragspsychotherapeutische Versorgung. Im Gegensatz dazu verwenden die meisten wissenschaftlichen Forschungsarbeiten die DSM-Kriterien zur Erfassung von Symptomen und Störungsbildern in ihren Studien.
Vergleicht man die beiden Klassifikationssysteme für psychische Störungen DSM-5 und ICD-11 Kap. 6, so zeigt sich zunächst, dass beide Manuale im Vergleich zu den Vorgängerversionen einen großen Schritt in Richtung eines dimensionalen Störungsansatzes gemacht haben (z. B. Autismus-Spektrum-Störung), dabei teilweise aber abweichende Symptomoperationalisierungen für dieselben Störungskonstrukte verwenden, Störungen in unterschiedlichen Störungskategorien zugeordnet werden oder sogar aus dem Kap. 6 „Psychische Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten und Störungen der Entwicklung des Nervensystems“ der ICD-11 herausgelöst werden. Im direkten Vergleich sind im DSM-5 explizite Kriterien enthalten, von denen eine bestimmte Anzahl erfüllt werden muss, um eine Diagnose zu vergeben, während die ICD-11 vielmehr diagnostische Leilinien mit „prototypischen“ Beschreibungen enthält. Die ICD-11 unterscheidet sich also hauptsächlich durch die Vermeidung algorithmischer „pseudo-präziser“ Anforderungen, wie Symptomzählungen oder genauer Zeitdauern, es sei denn, diese wurden speziell validiert (z. B. zur Unterscheidung von Störungen und Nicht-Störungen).
In den nachfolgenden Abschnitten sollen exemplarisch im wissenschaftlichen Diskurs viel diskutierte Unterschiede auf Störungsebene beschrieben und diskutiert werden.
Ein zentraler Unterschied zwischen beiden Klassifikationssystemen ist die Zuordnung der ehemals so bezeichneten Störungen der Geschlechtsidentität, welche in der ICD-11 durch die WHO als Geschlechtsinkongruenz unter die Störungskategorie Störungen der sexuellen Gesundheit klassifiziert und nicht im Kap. 6 zu „Psychische Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten und Störungen der Entwicklung des Nervensystems“ aufgeführt werden, während die APA diese im DSM-5 unter dem Kap. „Geschlechtsdysphorie“ weiterhin als psychische Störung ansieht.
Die im Rahmen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie relevanten Störungsbilder Störung mit oppositionellem Trotzverhalten, intermittierende explosive Störung und die Störung des Sozialverhaltens werden unter dem DSM-5 innerhalb nur einer Störungskategorie Disruptive, Impulskontroll- und Sozialverhaltensstörungen beschrieben unter der sich ebenfalls Störungsbilder wie Pyromanie oder Kleptomanie befinden. In der ICD-11 gibt es auf Ebene der Störungskategorien eine Trennung zwischen disruptiven Verhaltens und dissozialen Störungen unter der die Störung mit oppositionellem Trotzverhalten und die Störung des Sozialverhaltens fallen, während es eine zweite Kategorie Impulskontrollstörungen geben wird, unter welcher die intermittierende explosive Störung, Pyromanie, Kleptomanie und die zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung gefasst werden.
Auf Ebene der Störungsbilder beinhaltet das DSM-5 einige Störungen, wie etwa die disruptive Affektregulationsstörung, die nicht in der ICD-11 berücksichtigt werden bzw. nicht im Rahmen der affektiven Störungen abgehandelt werden wie im DSM-5. Befasst man sich mit dem Störungsbild auf der Symptomebene, so ist aber zu vermerken, dass in der ICD-11 ähnliche Symptome zu finden sind, allerdings im Rahmen der disruptiven Verhaltensstörungen abgehandelt werden. Vergleichbare Symptome zur disruptiven Affektregulationsstörung im DSM-5 finden sich etwas bei der Störung mit oppositionellem Trotzverhalten mit chronischer Irritabilität und Wut (6C90.0). Ebenso wird es in der ICD-11 mehrerer Störungen geben, die im DSM-5 noch nicht oder nur im Kap. III zu noch weiter zu untersuchenden Störungen berücksichtigt wurden. Unter anderem zählen darunter die komplexe posttraumatische Belastungsstörung, die anhaltende Trauerstörung, die olfaktorische Referenzstörung, die zwanghafte sexuelle Störung sowie die Computerspielsucht. Hinsichtlich der Klassifikation von substanzbezogenen Störungen behält die ICD-11 die dem ICD-10 entsprechenden Kategorien für schädlichen Gebrauch und der Substanzabhängigkeit bei, um weiterhin innerhalb des Gesundheitswesens der wichtigen Aufgabe von Präventionsprogrammen und frühen Interventionen gerecht zu werden, während das DSM-5 diese Unterscheidung zugunsten der Einführung einer Skalierung von leichter bis schwerer Substanzabhängigkeit aufgab, um einem dimensionalen Krankheitsverständnis Rechnung zu tragen innerhalb derer der schädliche Gebrauch von Substanzen nur einer frühen Vorstufe der Substanzabhängigkeit gesehen wird (Poznyak et al. 2011).
Sowohl im DSM-5 als auch in der ICD-11 wird im Unterschied zu den Vorgängerversionen DSM-IV und ICD-10 innerhalb der neuen Metastruktur jeweils ein Kapitel zu Trauma-, Stress- und belastungsbezogenen Störungen (Tab. 1) integriert. Unter der Störungskategorie Trauma- und belastungsbezogene Störungen werden im DSM-5 die ehemals im DSM-IV unter dem Kap. „Angststörungen“ subsumierten Störungen der akuten Belastungsstörung und der posttraumatischen Belastungsstörung sowie Anpassungsstörungen und aus dem Kap. „Störungen, die gewöhnlich zuerst im Kleinkindalter, in der Kindheit oder Adoleszenz diagnostiziert werden“ die reaktive Bindungsstörung subsumiert. Vergleicht man die beiden Störungskategorien zu Trauma-, Stress- und belastungsbezogenen Störungen im DSM-5 und in der ICD-11 zeigt sich, dass sich die akute Belastungsstörung nur noch im DSM-5 als psychische Erkrankung finden lässt. Die Nichtaufnahme in der ICD-11 als psychische Störung scheint vor allem vor dem Hintergrund sinnvoll, dass es sich bei der akuten Belastungsstörung vielmehr um eine normale Reaktion auf traumatische Ereignisse als um eine persistierende psychische Störung handelt, worauf in internationalen Leitlinien meist keine Intervention, sondern sog. „watchful waiting“ (beobachtendes Abwarten) empfohlen wird, da ein nicht geringer Teil von traumatisierten Patienten sich in den ersten drei Monaten nach dem Trauma erholt und keine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt. Dieser Ratio folgend findet sich eine akute Stressreaktion (QE84) im Kapitel der Probleme, die mit schädlichen oder traumatischen Ereignissen einhergehen.
Tab. 1
Störungskategorie der Trauma-, Stress- und belastungsbezogenen Störungen und untergeordnete Störungen im DSM-5 und der ICD-11
DSM-5
ICD-11
Trauma- und belastungsbezogene Störungen
Stress-assoziierte Störungen
Akute Belastungsstörung
-
Anpassungsstörungen
Anpassungsstörungen (6B43)
Posttraumatische Belastungsstörung,
posttraumatische Belastungsstörung bei Kindern bis zum Alter von 6 Jahren
Posttraumatische Belastungsstörung (6B40)
-
Komplexe posttraumatische Belastungsstörung (6B41)
-
Anhaltende Trauerstörung (6B42)
Reaktive Bindungsstörung,
Reaktive Bindungsstörung (6B44),
Beziehungsstörung mit Enthemmung
Beziehungsstörung mit Enthemmung (6B45)
Andere näher bezeichnete Trauma- und belastungsbezogene Störungen
Andere näher bezeichnete Stress-assoziierte Störungen (6B4Y)
Andere nicht näher bezeichnete Trauma- und belastungsbezogene Störungen
Andere nicht näher bezeichnete Stress-assoziierte Störungen (6B4Z)
Neben der posttraumtischen Belastungsstörung wird in der ICD-11 im Gegensatz zum DSM-5 noch die Diagnose der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (kPTBS) und der anhaltenden Trauerstörung aufgeführt werden (Maercker et al. 2013). Während sich die DSM-5-Arbeitsgruppe aufgrund nicht ausreichender Forschungslage dagegen entschieden hat die kPTBS in ihr Klassifikationssystem aufzunehmen, hat es die komplizierte Trauerreaktion zumindest im Kap. III unter die weiter zu untersuchenden Störungsentitäten geschafft. Auch auf Symptomebene der vorgeschlagenen Symptomkriterien unterscheiden sich die Störungsbilder zwischen ICD-11 und DSM-5 deutlich.
Während im DSM-5 der Versuch gemacht wurde nichtsuizidales selbstverletzendes Verhalten (NSSV), ebenso wie Suizidversuche im Rahmen der suizidalen Verhaltensstörung als eigenständige Störungsbilder zu fassen, wird dieser Ansatz in der ICD-11 fallen gelassen. Auch im DSM-5 findet sich NSSV wie auch die suizidale Verhaltensstörung lediglich bei den „Conditions for further study“ in der Sektion III. Die ICD-11 kennt ähnliche Begrifflichkeiten und definiert sie auch ähnlich, allerdings finden sie sich im Kap. zu „Psychischen und Verhaltenssymptomen, Zeichen oder klinischen Befunden“ in der Unterkategorie MB23 (Symptome oder Anzeichen, die das Aussehen oder das Verhalten betreffen). Hier finden sich neben NSSV (MB23.E) unter anderem auch Suizidversuche (MB23.R) und suizidales Verhalten (MB23.S), die hier als vorbereitende Handlungen vor einem Suizidversuche definiert werden.
Trotz einer großen und weiterhin steigenden Anzahl an Publikationen zu genetischen oder neurobiologischen Faktoren enthalten weder das DSM-5 noch dies ICD-11 Vorschläge für biologische Marker in Kombination oder anstatt einer reinen symptombasierten Klassifikation für psychische Störungen. Dies liegt vor allem daran, dass aufgrund der bisherigen symptombasierten Klassifikation keine ausreichend differenziell prädiktiven und validen biologischen Marker für unterschiedliche Störungsentitäten gefunden wurden.

Zukünftige Entwicklungen

Neben den klassischen diagnostischen und statistischen Klassifikationssystemen psychischer Störungen DSM und ICD werden derzeit in der Forschung noch weitere Ansätze diskutiert psychische Störungen zu klassifizieren und deren Auftreten zu erklären, um dabei gleichzeitig mehr über die den psychischen Störungen zugrunde liegenden und aufrechterhaltenden Faktoren herauszufinden. Dabei beleuchten diese Forschungsansätze der Research Domain Criteria (RDoC), der Netzwerktheorie sowie das Konzept eines generellen übergeordneten Psychopathologie-Faktors (p-Faktor) unterschiedliche Schwachstellen der bisherigen Klassifikation psychischer Störungen. Allen drei Ansätzen ist jedoch gemeinsam, dass die gängige nosologische Einteilung und damit suggerierte Distinktheit der Störungen innerhalb des DSM und der ICDs in dieser Weise nicht haltbar ist, da das Auftreten von mehr als einer distinkten spezifischen Störung bei genauerem Hinsehen eher die Regel als die Ausnahme ist. So ist sowohl im DSM-5 wie auch in der ICD-11 (Kap. 6) die Vergabe von multiplen Diagnosen möglich, wobei eine Leitdiagnose führend sein sollte. Um unzulässige Komorbiditäten zu vermeiden, werden innerhalb der Klassifikationssystem Ausschlusskriterien formuliert, um die differenzialdiagnostische Absicherung zu gewähren. Dennoch lassen sich transdiagnostische Risikofaktoren identifizieren. In einer systematischen Übersichtsarbeit konnten etwa biologische (Defizite der Exekutivfunktionen, früher Pubertätseintritt, reduziertes Volumen der grauen Substanz, genetisches Risiko für ADHS und Schizophrenie), soziale und Umweltfaktoren (belastende Lebensereignisse, mütterliche Depression), wie auch psychologische (geringe bewusste Selbstregulationsfähigkeiten, hoher Neurotizismus, negative Affektivität) transdiagnostische Risikofaktoren identifiziert werden (Lynch et al. 2021) Die nachfolgend beschriebenen Modelle zur Erklärung psychischer Erkrankungen versuchen durch unterschiedliche Ansätze die hohe Anzahl an komorbiden Symptomen und Störungen innerhalb ihres Forschungsansatzes zu erklären.

Research Domain Criteria

Die Research Domain Criteria (RDoC) des National Institute of Mental Health (NIMH) stellen ein Rahmenkonzept dar, innerhalb dessen psychische Störungen weiter erforscht werden sollen (Cuthbert 2022). Dabei integriert der RDoC-Ansatz verschiedene Ebenen innerhalb eines Rahmenkonzepts und geht dabei über das symptombasierte Diagnostizieren psychischer Störungen in bisherigen Klassifikationssystemen (DSM und ICD) hinaus. Um menschliche Funktionen innerhalb des ganzen Spektrum menschlichen Verhaltens von normal zu abnormal genauer zu erforschen, integriert das RDoC System sechs Domänen (negative Valenzsysteme, positive Valenzsysteme, kognitive Systeme, soziale Prozesse, Arousal-/regulatorische Systeme und sensomotorische Systeme) und acht Analyseebenen (Gene, Moleküle, Zellen, Schaltkreise, Physiologie, Verhalten, Selbstreporte und Paradigmen) in einer Matrix, ohne dabei explizit auf bestehende Störungskategorien zurückzugreifen (Insel et al. 2010).

p-Faktor: Übergeordneter Psychopathologie-Faktor in der Konzeptualisierung psychischer Störungen

Sowohl in der ICD als auch im DSM wurden psychische Störungen lange Zeit als distinkte, episodische und kategoriale Entitäten angesehen, welche klar voneinander unterscheidbar sind. Dieser Ansatz wurde sowohl im DSM-5 als auch in der ICD-11 etwas zugunsten eines dimensionaleren Krankheitsverständnisses aufgelöst. Allerdings weisen die hohen Komorbiditätsraten zwischen psychischen Störungen weiterhin darauf hin, dass die bisherige Klassifikation problematisch gesehen werden muss. Caspi und Kollegen (2014) beschreiben, dass psychische Störungen klassischerweise unterhalb drei übergeordneten Faktoren (internalisierenden, externalisierenden und Denkstörungen) verortet werden können, wobei diese Klassifizierungsstruktur nochmals deutlich besser wird, wenn eine alle Störungen übergreifender genereller Psychopathologie-Faktor eingeführt wird. Dieser Faktor wird seither als p-Faktor entsprechend dem g-factor, der generellen Intelligenz, bezeichnet. Der p-Faktor zeigt generell hohe Assoziation mit einer höheren Funktionseinschränkung, geringeren Lebensqualität, schlechteren Entwicklungsverläufen und verschlechterter Gehirnfunktionen in jüngerem Alter und erklärt, warum bisherige Bemühungen differenziell prädiktive ätiologische Gründe und Biomarker für unterschiedliche Störungen zu entdecken gescheitert sind. Ebenfalls kann die p-Faktor-Theorie Erklärungen liefern, warum spezifische Behandlungen transdiagnostische Effekte aufweisen (allgemeine Wirkfaktoren) und es schwierig ist spezifisch wirksame Behandlungsansätze für Störungsbilder innerhalb der bisher gängigen Klassifikation psychischer Störungen zu entwickeln. Allerdings wurde auch darauf hingewiesen, dass der p-Faktor eventuell auch als Index der gesamten Beeinträchtigung interpretiert werden kann (Lynch et al. 2021).

Netzwerktheorie

Die vorherrschende Perspektive, durch die Psychopathologie seit langem betrachtet wird (z. B. DSM und ICD) nimmt an, dass eine latente Entität existiert (z. B. Depression), die alleinig für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Symptomen verantwortlich ist. Dieser Ansatz weist jedoch Limitationen auf. Die Annahme einer nichtbeobachtbaren Entität, deren Symptome dieser zugrunde liegen, ist nur dann zulässig, wenn ausgeschlossen werden kann, dass Symptome sich gegenseitig nicht bedingen. Dies erscheint in der Psychopathologie von psychischen Störungen höchst unwahrscheinlich, da Symptome sich innerhalb einer Störung oder sogar über Störungskategorien hinweg wechselseitig beeinflussen und bedingen (Schlafstörungen → Müdigkeit → Konzentrationsschwierigkeiten → gereizte Stimmung → Schlafstörungen). Im Gegensatz dazu betont die Netzwerkperspektive Wechselbeziehungen zwischen Symptomen und nimmt an, dass diese sich gegenseitig bedingen und über die Zeit verstärken. Symptome sind hierbei nicht als reflektierende Indikatoren eines übergeordneten Konstrukts zu sehen, sondern bilden selbst die psychische Störung (Borsboom und Cramer 2013).

Fazit

Der Vergleich des Klassifikationssystems DSM-5 mit der ICD der WHO und die anstehende Ablöse der ICD-10 durch die ICD-11 zeigen einmal mehr, dass sich die Klassifikation psychischer Erkrankungen in einer stetigen Weiterentwicklung befindet. Besonders bemerkenswert erscheint, dass die aktuellen Entwicklungen zunehmend in Richtung dimensionaler Konstrukte gehen, wie am Beispiel der Autismus-Spektrumstörung oder aber auch am dimensionalen Modell der Persönlichkeitsstörungen in der ICD-11 sichtbar wird. Diese Modelle scheinen näher an der klinischen Realität zu liegen, werfen aber damit auch die Frage des Verlaufs der Grenze zur „Normalität“ sehr klar auf. Diese Frage ist gerade vor dem Hintergrund der Neurodiversitätsbewegung relevant. Gerade die diskutierten alternativen Modelle zur Einteilung psychischer Erkrankungen scheinen hier neue Antworten zu den Zusammenhängen zwischen verschiedenen Störungsbildern geben zu können, sodass davon ausgegangen werden kann, dass das Feld der Klassifikation psychischer Erkrankungen auch in Zukunft stetigen Änderungen unterworfen sein wird.
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