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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 14.02.2023

Benigne Lungentumore

Verfasst von: Stephan Eggeling
Gutartige Tumore der Lunge sind selten. Sie werden nach ihrer histologischen Genese in epitheliale, mesenchymale oder Tumore embryonalen und unbekannten Ursprunges eingeteilt. Eine Sonderform sind die inflammatorischen Pseudotumore, die inzwischen auch den Neoplasien zugeordnet werden. Während die meisten gutartigen Lungentumore asymptomatisch sind und als Zufallsbefunde detektiert werden, können endobronchiale Tumore aufgrund der Symptomatik behandlungsbedürftig sein. Bei den intraparenchymatös gelegenen gutartigen Tumoren ergibt sich eine Operationsindikation meist nur aus der Differenzialdiagnose zu bösartigen Erkrankungen oder bei größeren Befunden aufgrund des verdrängenden Wachstums und Druck auf entsprechend benachbarte Strukturen wie Bronchien, Gefäße, Brustwand oder mediastinale Strukturen. Die häufigsten gutartigen Tumore der Lunge sind das Hamartom/Hamartochondrom als mesenchymaler Tumor sowie die inflammatorischen Pseudotumoren der Lunge. Im Falle einer Operationsindikation sollte immer eine parenchymsparende, wenn möglich minimalinvasive Operation erfolgen.
Die gutartigen Tumore der Lunge sind insgesamt selten und können epithelialer, mesenchymaler oder embryonaler Natur sein. Eine Sonderform sind die sog. Pseudotumore (Tomashefski 2015) (Tab 1). Der Großteil dieser Tumore imponiert als unklarer Lungenrundherd und wird meist ein Zufallsbefund bei der Diagnostik mit eigentlich anderer Zielsetzung sein. In einstelligem Prozentsatz finden sich auch endobronchiale Läsionen, welche bronchoskopisch mindestens diagnostiziert, inzwischen aber mittels Kryosonde durchaus auch komplett abgetragen werden können. Am häufigsten finden sich endobronchiale Hamartome/Hamartochondrome, Papillome sowie Adenome, letztere überwiegend in den zentralen Atemwegen. Hier ist die endobronchiale Abtragung kurativ, bei den Papillomen sollte eine Diagnostik auch hinsichtlich HPV (Humanes Papillom-Virus) erfolgen, um den Patienten im Hinblick auf andere HPV-assoziierte Krankheiten zu beraten. Der Großteil der endobronchialen Tumoren ist symptomatisch, sodass Verlaufskontrollen bei klinischer Beschwerdefreiheit langfristig nicht erforderlich sind.
Tab. 1
Klassifikation benigner Lungentumore (nach Tomashefski 2015)
Epitheliale Neoplasien
Papillome,
Adenome,
benigne entzündliche Polypen
Mesodermale Neoplasien
Gefäßtumore
-Haemangiome
Bronchialtumore
-Chondrome
-Lipome
-Granulosazelltumor
-sklerosierende Haemangiome
Neuroendokrine Tumore
-Neurome
-Neurofibrome
-Neurilemmome
Primäres Lungenmeningeom
Tumore embryonalen Ursprungs oder
unbekannter Herkunft
Chemodektome
klarzellige Tumore
Intrapulmonale Thymome
Entzündliche Läsionen und Pseudotumore
Entzündliche Pseudotumore
noduläre Amyloidose
Bezüglich der intraparenchymatös gelegenen Tumore wird im Hinblick auf die Rundherddiagnostik, die Möglichkeit von Malignität sowie gegebenenfalls bezüglich der explorativen Operation zur histologischen Sicherung auf Kap. „Endoskopische invasive Diagnostik in der Thoraxchirurgie und Thoraxpunktion“ verwiesen (Bagheri et al. 2015).

Mesenchymale Tumore

Hamartochondrom

Der bei weitem häufigste gutartige mesenchymale Tumor der Lunge ist das Hamartom/Hamartochondrom (Tomashefski 2015), welches definitionsgemäß aus mindestens zwei verschiedenen mesenchymalen Anteilen besteht (Knorpel, Fett, Bindegewebe, glatter Muskel). Sie sind auch die häufigsten benignen Lungentumoren überhaupt. Sie sind häufiger bei Männern und haben ihren Altersgipfel in der 5. bis 6. Lebensdekade. Die Ätiologie ist unklar, am ehesten handelt es sich aber um einen neoplastischen Prozess. In der Bildgebung imponieren in der CT teils fettartige Anteile, teils Kalzifikationen im Bereich des Knorpels mit sog. Popcornmuster (Abb. 1). Dies ist weitestgehend spezifisch (Gjevre et al. 1996). In der FDG PET-CT sind Hamartochondrome nicht FDG avide. In seltenen Fällen sind SUV-Werte bis 2,5 beschrieben, somit ist eine geringe FDG-Aufnahme kein Ausschlusskriterium.
Der natürliche Verlauf ist langsam progredient, sodass bei operablen Patienten die Resektion diskutiert werden kann. Diese kann sehr häufig thorakoskopisch erfolgen. Auch große Tumore können in aller Regel lungenerhaltend mittels Enukleation oder Keilresektion reseziert werden. Rezidive sind extrem selten. Alternativ können Hamartochondrome auch beobachtet werden, eine Transformation in einen malignen Prozess ist sehr unwahrscheinlich. Allerdings wird von mehreren Autoren ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko (bis zu 6,3-fach) für Patienten mit operiertem (gesichertem) Hamartochondrom beschrieben (Ribet et al. 1994). Insofern werden von den Autoren insbesondere bei Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren bildgebende Kontrollen empfohlen.

Seltene mesenchymale Tumore

Weitere intraparenchymatöse mesenchymale Tumore sind Chondrome, Leiomyome sowie PECome (sog. Zuckertumor). Eine Sonderform des Leiomyoms ist das multipel auftretende sog. benigne metastasierende Leiomyom, welches häufig Hormonrezeptor-positiv ist und nach Diagnosestellung konservativ mittels Hormontherapie bzw. beobachtend behandelt werden kann (Jiang et al. 2021).

Epitheliale Tumore

Gutartige epitheliale Tumore sind deutlich seltener.

Papillome

Papillome entspringen der Bronchialschleimhaut und können plattenepithelialer, glandulärer oder gemischter Art sein. Die häufigsten sind mit ca. 1 % aller gutartigen Lungentumore die plattenepithelialen Papillome, welche am häufigsten endobronchial vorkommen und bronchoskopisch abgetragen werden. Die plattenepithelialen Tumore sind häufig HPV-assoziiert, eine Transformation zum Plattenepithelkarzinom ist beschrieben. Nach bronchoskopischer Abtragung entstehen bis zu 20 % Rezidive, nach chirurgischer R0-Resektion sind Rezidive nicht beschrieben. Selbiges gilt für die glandulären und gemischten Typen, hier existiert keine HPV-Assoziation. Während die glandulären Papillome nicht entarten, sind bei gemischten Papillomen Transformationen zum Plattenepithelkarzinom beschrieben.
Insofern besteht nach bronchoskopischer Abtragung eine dringende Indikation zur regelmäßigen Nachsorge, nach chirurgischer Resektion ist dies nicht erforderlich.

Adenome

Sklerosierendes Pneumozytom

Das häufigste Adenom entspringt den Pneumozyten, liegt fast immer peripher und ist solitär. Es beinhaltet solide papilläre, sklerotische und auch hämorrhagische Regionen, besteht jedoch hauptsächlich aus Typ-2-Pneumozyten. Aufgrund seiner hämorrhagischen Komponente hat der Tumor historisch den Namen sklerosierendes Hämangiom. 80 % der sklerosierenden Pneumozytome entstehen bei Frauen. Vereinzelt sind Lymphknotenmetastasen beschrieben, diese scheinen jedoch keinen Einfluss auf den benignen Verlauf nach Tumorresektion zu haben.
Metastasierungen oder Rezidive nach kompletter Resektion sind nicht beschrieben. Deutlich seltener sind alveoläre und papilläre Adenome, welche jeweils als intraparenchymatöse Tumore imponieren. Im FDG-PET dürfen beide schwach positiv sein. Die Therapie der Wahl ist die komplette Resektion, Rezidive oder Metastasen sind nicht beschrieben.

Muzinöses Zystadenom

In der Bildgebung imponieren muzinöse Zystadenome wie bronchogene Zysten mit muzinösem Inhalt und meist auffällig dünner Wand, sind im Verlauf allerdings größenprogredient (Abb. 2). Es besteht keine Geschlechtsdifferenz, ein Zusammenhang mit einer Nikotinanamnese wird berichtet. Die Diagnose kann erst am endgültigen Resektat gestellt werden, da der CT-Aspekt dem des muzinösen Zystadenokarzinoms ähnelt. Die Resektion ist kurativ.

Schleimdrüsenadenom

Die Schleimdrüsenadenome („mucous gland adenoma“) sind benigne, meist exophytische Tumore der zentralen Atemwege (Abb. 3), Synonyme sind bronchiale Zystadenome oder Mukus-Zelladenom. Sie sind extrem selten, treten im mittleren Lebensalter auf und haben keine Assoziation zu Tabakkonsum. Die Symptomatik entspricht einer endobronchialen Irritation bzw. Obstruktion, die endgültige Differenzierung und Abgrenzung zum Low-grade mukoepidermoidem Karzinom kann nur am kompletten Resektat getroffen werden, sodass hier aufgrund der zentralen Lage häufig lungenerhaltende Bronchusresektionen bzw. Manschettenresektionen indiziert sind. Nach kompletter Resektion sind Rezidive nicht beschrieben.

Entzündliche Pseudotumore

Entzündliche Pseudotumore sind nach den Hamartochondromen mit einer Häufigkeit von 0,1–0,7 % aller Lungentumore die zweithäufigsten benignen Lungentumore. Der Häufigkeitsgipfel liegt bei unter 40 Jahren. Klinisch sind größere Befunde häufig von grippeähnlichen Symptomen, wie Schmerz, Hustenreiz und subfebrilen Temperaturen begleitet. Röntgenologisch manifestieren sie sich meist als gut abgegrenzte, solitäre Rundherde (70 %) ohne Kapsel, als Infiltrat oder bei seltenem endobronchialen Wachstum als Atelektase. Die Abgrenzung gegen ein Lungenkarzinom ist schwierig, ein FDG PET-CT nicht hilfreich, da die Pseudotumore eine malignomtypische FDG-Aufnahme besitzen (Su et al. 2015).
Das histologische Bild ist polymorph mit reifen Plasmazellen, Lymphozyten, vakuolisierten Histiozyten, Fibroblasten und weiteren Elementen des retikuloendothelialen Systems. Entsprechend dem dominierenden Zelltypus werden grundsätzlich zwei Formen inflammatorischer Pseudotumore unterschieden: der plasmazellreiche (inflammatorische) und der histiozytäre (fibroblastäre) Typ. Während man früher eher davon ausging, dass es sich nicht um neoplastische Läsionen handelt, hat sich hier die Sichtweise geändert. Aufgrund molekularpathologischer Untersuchungen werden die Pseudotumore jetzt in zwei Gruppen eingeteilt, die non-neoplastischen und die neoplastischen Varianten (Yi und Aubry 2010).
Klinisch-pathologisches Spektrum von inflammatorischen Pseudotumoren (IPT, nach Ribet et al. 1994)
1.
Nicht neoplastische IPT-Varianten
  • Plasmazellgranulom-Typ
  • Lymphoblastischer Typ oder Plasmazelltyp
  • Organisierender Pneumonietyp
  • IgG4-bezogen
 
2.
Neoplastischer inflammatorischer Pseudotumor (IMT)
  • Fibröses Histiozytom
  • Histiozytom
  • Inflammatorisches Fibrosarkom
  • Plasmazellgranulom
  • Entzündlicher fibromyxoider Tumor
 
Die Therapie der Wahl pulmonaler inflammatorischer Pseudotumore besteht in der sparsamen kompletten operativen Entfernung. Wurden alle Tumoranteile entfernt, ist die Langzeitprognose sehr gut. Weitere Optionen, z. B. bei funktioneller Inoperabilität oder insbesondere auch bei unvollständiger Tumorresektion, sind die medikamentöse Behandlung mit Kortikoiden oder auch die Tumorbestrahlung. Hierdurch ist allerdings keine Heilung zu erwarten.
Literatur
Bagheri R et al (2015) Evaluation of the results of surgery treatment in patients with benign lung tumors. Lung India 32(1):29–33CrossRef
Gjevre JA et al (1996) Pulmonary hamartomas. Mayo Clin Proc 71(1):14–20CrossRef
Jiang H et al (2021) Pulmonary benign metastasizing leiomyoma: a case report and literature review. Ann Palliat Med 10(5):5831–5838CrossRef
Ribet M et al (1994) Pulmonary hamartoma and malignancy. J Thorac Cardiovasc Surg 107(2):611–614CrossRef
Su M et al (2015) Pulmonary inflammatory Pseudotumor; 18F FDG PET/CT analysis. J Nucl Med 56(supplement 3):1728–1728
Tomashefski JF (2015) WHO classification of tumors of the lung, pleura, thymus and heart. International Agency for Research on Cancer, Lyon
Yi E, Aubry M-C (2010) Pulmonary pseudoneoplasms. Arch Pathol Lab Med 134(3):417–426CrossRef