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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 09.08.2022

Differenzialindikation der verschiedenen Resektionsverfahren in der Thoraxchirurgie

Verfasst von: Erich Stoelben
Die diagnostischen Maßnahmen vor einer Lungenresektion mit Bestimmung der Lungenfunktion, der Bronchoskopie und eines technisch einwandfreien CT-Thorax mit Kontrastmittel erlauben eine detaillierte Planung der Operation. Die Indikation, sei sie onkologisch oder wegen einer gutartigen Erkrankung, muss für das Resektionsausmaß mitberücksichtigt werden. Prinzipiell ist der parenchymsparende Eingriff in minimalinvasiver Technik anzustreben, da in der Regel bereits eine Schädigung der Lunge vorliegt und metachrone Eingriffe bei Lungenkarzinomen und -metastasen nicht selten sind.

Einleitung

Als allgemeine Regel kann gelten, dass bei lungenkranken Patienten eine Operation gewählt werden sollte, die eine optimale Schonung des Lungenparenchyms erlaubt (Tab. 1). In gleichem Sinne werden minimalinvasive Verfahren bevorzugt (Bendixen et al. 2016).
Tab. 1
Differenzialindikation Lungenresektion
Operation
Technik
Indikation
Keilresektion
Wedge-Resektion
Atypische Resektion
OPS 5-322
Minimalinvasiv
periphere Parenchymresektion
keine anatomische Präparation
Parenchymnaht
Diagnostik
Lungenmetastasen
Volumenreduktion
(Bi-, Tri-) Segmentresektion
OPS 5-323
Minimalinvasiv
hiläre Dissektion
individuelle Versorgung von Bronchus und Gefäßen
Lungenmetastasen
Lungenkarzinom Stad. cT1a-bN0M0
periphere typische Karzinoide
mykobakterielle Infektion
Missbildungen
Lungenkarzinom Stad. T1-3N0-1M0 (Lungenfunktion)
(Bi-) Lobektomie
OPS 5-324
Minimalinvasiv
hiläre Dissektion
individuelle Versorgung von Bronchus und Gefäßen
Lungenkarzinom
Lungenmetastasen
Bronchiektasen
mykobakterielle Infektion zerstörter Lungenlappen
Missbildungen
Volumenreduktion
(Bi-) Lobektomie mit broncho- und/oder Angioplastik
OPS 5-324
Offen und minimalinvasiv
hiläre Dissektion
intraperikardiale Präparation
Anastomosentechnik
Zentrale Lungenkarzinome und Karzinoide
periphere Lungenkarzinome mit hilären Lymphknotenmetastasen
Lungenmetastasen
Erweiterte (Bi) Lobektomie
evtl. mit broncho- und/oder
Angioplastik
OPS 5-325
Offen und hybrid
hiläre Dissektion
intraperikardiale Resektion
Anastomosentechnik
Brustwandresektion und -rekonstruktion
ECMO-Einsatz
Karzinome mit Brustwand-, Wirbelsäule-, Zwerchfell- oder zentraler Infiltration
Rezidive nach Segmentresektion
Komplikationen unter Chemo- und/oder Radiotherapie
Pneumonektomie
OPS 5-327
Offen
intraperikardiale Präparation
Zentrale Lungenkarzinome ohne Lymphknotenbefall
Rezidiv Lungenkarzinom
mykobakterielle Infektion/zerstörte Lunge
Bronchiektasen
Komplikationen unter Chemo- und/oder Radiotherapie
Erweiterte Pneumonektomie
OPS 5-328
Offen
intraperikardiale Resektion
Anastomosentechnik
Brustwandresektion und -rekonstruktion
ECMO-Einsatz
Karzinome mit Brustwand-, Wirbelsäule-, Zwerchfell- oder zentraler Infiltration ohne mediastinalen Lymphknotenbefall
Rezidiv Lungenkarzinom
Komplikationen unter Chemo- und/oder Radiotherapie
Für die Planung der Operation ist eine sorgfältige Analyse eines technischen einwandfreien CT-Thorax mit Kontrastmittel in hoher Auflösung notwendig, Diese Informationen werden mit dem bronchoskopischen Befund und den funktionellen Daten des Patienten integriert. Die Diskussion der Operationsindikation erfolgt in der Tumor- bzw. in der Operationskonferenz. Auch eine Erörterung der Befunde mit kooperierenden Pneumologen im Sinne einer interdisziplinären Diskussion erscheint sinnvoll. In jedem Fall sollten alle Beteiligten sämtliche Befunde einsehen können, um sich ein eigenes Urteil zu bilden, damit sie zur Meinungsbildung beitragen können. Auf diese Weise kann eine optimale Therapiestrategie für den Patienten entwickelt werden.

Keilresektion

Die thorakoskopische Keilresektion dient der Diagnostik, der diagnostischen Resektion von Lungenrundherden, der Behandlung gutartiger Erkrankungen und der Resektion von Lungenmetastasen. Die Resektion sollte lokal radikal sein und speziell bei Lungenmetastasen einen ausreichenden Sicherheitsabstand bieten. Ist eine sichere Unterscheidung zwischen Metastase und primärem Lungenkarzinom weder radiologisch noch im Schnellschnitt möglich, kommt eine zweizeitige Operation mit Keilresektion und evtl. später nach Eingang der endgültigen Histologie eine radikale anatomische Resektion in Betracht. Bei kleinen malignen Lungenrundherden stellt die anatomische Segmentresektion mit Lymphadenektomie eine einzeitige Alternative dar, die beiden histologischen Optionen gerecht wird.

Segmentresektion

Die anatomische Segmentresektion ist eine adaptierte Resektion mit einem gewissen radikalen Anspruch. Die Keilresektion kommt an ihre Grenzen, wenn ein pathologischer Befund, wie eine Metastase, zentral im Niveau von segmentalen Bronchus- bzw. Arterienästen liegt. Die aufwändigere Präparation erlaubt die En-bloc-Resektion der zentripetalen Lymphbahnen und vermeidet nichtventilierte oder -perfundierte Parenchymabschnitte zurückzulassen. Gutartige Befunde, wie Bronchiektasen und angeborene Missbildungen, können so vollständig entfernt werden. Kleine Lungenkarzinome unter 2 cm Durchmesser, mehrheitlich milchglasartige Lungenkarzinome und periphere Karzinoide können mit guten Langzeitergebnissen auf diese Weise parenchymsparend reseziert werden. Wie oben unter Keilresektion dargestellt, ist die Segmentresektion mit Lymphadenektomie eine Möglichkeit kleine maligne Tumoren radikal zu resezieren, wenn die Genese primäres Lungenkarzinom oder Metastase intraoperativ nicht geklärt werden kann und ein zweiter Eingriff vermieden werden soll. In etwa einem Drittel der Fälle sind 2 oder 3 Segmente in Kombination zu resezieren, um der konkreten Lage des Malignoms oder der Ausbreitung der Erkrankung gerecht zu werden. Die postoperative Krankenhausletalität der anatomischen Segmentresektion liegt bei 1–2 %.

Lobektomie

Die Lobektomie ist der häufigste anatomische Eingriff, dessen Potenzial in Kombination mit der zentralen Resektion von Bronchus und Arterie noch nicht vollständig ausgeschöpft wird. Gutartige Erkrankungen, wie abszedierende Pneumonien und Bronchiektasen, führen zu einem geringen Funktionsverlust. Die Lobektomie kann durch eine Keilresektion bzw. Segmentresektion am Nachbarlappen erweitert werden. Wie radikal bei einer Infiltration des benachbarten Lungenlappens vorgegangen werden soll ist unklar. Die postoperative Krankenhausletalität der Lobektomie liegt bei 2–3 %.
Die obere Bilobektomie kann notwendig sein, wenn der Tumor über die Parenchymgrenze wächst oder der gemeinsame Venenstamm betroffen ist. Die untere Bilobektomie wird bei Tumoren des Unterlappens, nicht selten ausgehend von Segment 6, die nach zentral vorwachsen oder bei interlobären Lymphknotenmetastasen eingesetzt.
Die erweiterte Lobektomie mit Resektion von umgebenden Strukturen und evtl. in Kombination mit broncho- und angioplastischen Maßnahmen sollte sorgfältig individuell unter Beachtung des onkologischen Konzeptes und der Erfahrung des Operateurs geplant werden.

Pneumonektomie

Die Pneumonektomie geht mit dem größten Funktionsverlust einher, weist die höchste postoperative Letalität von etwa 8 % auf und führt zu einem geringen Langzeitüberleben. Der Eingriff sollte deshalb ausgewählten Indikationen vorenthalten werden. Hierzu zählen zentral wachsende lappenüberschreitende Plattenepithelkarzinome, Komplikationen unter Radio- und/oder Chemotherapie, Tumorrezidive, zerstörte Lungen und ähnliche Situation, in denen die alternativen Behandlungsmöglichkeiten bereits ausgeschöpft sind und das Leben des Patienten nur durch einen solchen Eingriff erhalten werden kann.
Eine erweiterte Pneumonektomie betrifft seltener die peripheren Strukturen wie Brustwand oder Zwerchfell und öfter die zentralen herznahen Strukturen. Neben zentralen Karzinomen ohne mediastinale Lymphknotenmetastasen sind hier Rezidive nach Vortherapie und Komplikationen unter Radio- und/oder Chemotherapie bzw. nach Lungenresektion zu nennen. Das Risiko für einen kurz- und mittelfristigen fatalen Verlauf ist deutlich höher als nach der einfachen Pneumonektomie und sollte deshalb noch mehr als bei der erweiterten Lobektomie sorgfältig abgewogen werden.
Literatur
Bendixen M, Jorgensen OD, Kronborg C et al (2016) Postoperative pain and quality of life after lobectomy via video-assisted thoracoscopic surgery or anterolateral thoracotomy for early stage lung cancer: a randomised controlled trial. Lancet Oncol 17:836–844CrossRef