Kombitherapie bei Hörsturz nötig?

Doppelt hält besser: Eine Kombination von systemischer und intratympanaler Kortikoidtherapie bringt beim Hörsturz mehr als eine systemische Monotherapie – zumindest wenn Letztere niedrig dosiert wird. Über die geeignete Therapie beim akuten idiopathischen sensorineuralen Hörverlust wird noch immer viel diskutiert. Die beste Evidenz liegt derzeit für eine Kortikoidbehandlung vor, wenngleich unklar ist, ob eine systemische Behandlung genügt oder die Medikamente intratympanal verabreicht werden sollten. Die vor einem Jahr aktualisierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie lässt Ärzten hier die Wahl: Sie empfiehlt primär eine „systemische, hochdosierte Glukokortikoidtherapie. Um systemische Nebenwirkungen zu vermeiden, kann diese nach Absprache mit dem Patienten alternativ auch primär als intratympanale Behandlung erfolgen.“ Bei ungenügendem Erfolg der systemischen Erstbehandlung wird innerhalb von ein bis vier Wochen zu einer intratympanalen Glukokortikoidtherapie geraten. Verbesserung bei mehr als drei Vierteln Doch wenn Kortikoide tatsächlich wirken, dann macht es vielleicht Sinn, möglichst rasch für hohe Konzentrationen im Innenohr zu sorgen und die systemische mit der intratympanalen Behandlung von Anfang an zu kombinieren. Diesen Ansatz haben nun HNO-Spezialisten um Dr. Jong Bin Lee von der Konyang-Universität in Daejeon bei 229 Hörsturzpatienten geprüft. 130 von ihnen erhielten lediglich eine systemische Behandlung mit – allerdings niedrig dosiertem – Prednisolon i.v. (1 mg/kg KG) über fünf Tage, gefolgt von einer ausschleichenden oralen Prednisolontherapie über weitere fünf Tage. 99 Patienten bekamen zusätzlich zu diesem Behandlungsschema an den ersten fünf Tagen eine intratympanale Behandlung mit 0,3–0,4 ml einer Dexamethasonlösung (5 mg/ml). Wenn sich das Hörvermögen nach einer Woche nicht um mindestens 10 dB verbessert hatte, wurde den Nonrespondern in beiden Gruppen eine intratympanale Reservebehandlung angeboten (zwei Injektionen pro Woche über zwei Wochen). Wie sich herausstellte, war die durchschnittliche Reintonhörschwelle eine Woche nach dem Ende der Primärbehandlung mit der Kombitherapie signifikant stärker gesunken als mit der Prednisolon-Monotherapie (30 versus 22 dB). Am deutlichsten waren die Effekte bei 0,5 und 1 kHz. Nach den Responderkriterien der American Academy of Otolaryngology - Head and Neck Surgery Foundation (AAO-HNSF) konnten die Ärzte um Lee bei 78% der Patienten in der Gruppe mit Kombitherapie eine Erholung der Hörfunktion feststellen, nur 61% waren es in der Kontrollgruppe – auch dieser Unterschied war signifikant. Eine komplette Erholung des Hörvermögens ließ sich bei 39% in der Gruppe mit Kombi- und bei 32% mit Monotherapie feststellen. Keine Unterschiede bei Salvage-Therapie Bei 22 Patienten mit Kombi- und 51 mit Monotherapie wurde die Salvage-Behandlung notwendig. Bei sechs mit Kombi- und 16 mit Monotherapie verbesserte sich das Hörvermögen daraufhin um mehr als 10 dB. Der Anteil der Responder (27 versus 31%) war jedoch nicht signifikant verschieden. Als Nebenwirkungen traten bei der intratympanalen Therapie gelegentlich Benommenheit (14%) und eine transiente Trommelfellperforation (9%) auf, die spontan wieder heilte. Die Studienautoren um Lee gehen aufgrund ihrer Ergebnisse davon aus, dass eine Kombitherapie wirksamer ist als die Steroidmonotherapie und daher als First-line-Behandlung bei Hörsturz empfohlen werden sollte. Die Studie hat allerdings einen großen Schwachpunkt: In der Kontrollgruppe haben die Patienten lediglich eine niedrigdosierte Prednisolon-Behandlung bekommen. Bei einem 60 kg schweren Teilnehmer waren dies lediglich 60 mg/d. Hierzu stellt die deutsche Leitlinie fest: „Eine qualitativ hochwertige Studie zeigt keine Wirksamkeit der niedrigdosierten oralen Prednisolontherapie (60 mg/Tag mit nachfolgender Dosisreduktion) im Vergleich zu Placebo. Deshalb wird empfohlen, als initiale Therapie des Hörsturzes höher dosierte Glukokortikosteroide einzusetzen. Die Glukokortikoidtherapie sollte 3 Tage mit jeweils 250 mg Prednisolon oder einem anderen synthetischen Glukokortikosteroid mit äquivalenter Dosierung durchgeführt werden.“ Vielleicht ergab sich also nur deswegen ein Vorteil für die Kombitherapie, weil in der Kontrollgruppe zu niedrig dosiert wurde.Primärquelle: Lee JB et al. Potential Benefits of Combination Therapy as Primary Treatment for Sudden Sensorineural Hearing Loss. Otolaryngol Head Neck Surg 2015, online 10. November; doi: 10.1177/0194599815615121Aktuelle Hörsturz-Leitlinie: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-010l_S1_Hoersturz_2014-02.pdf

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