Phänomenologie
Symptom | Beschreibung | Ursache und Vorkommen |
---|---|---|
Gefühl der Anwesenheit („sensation de présence“) Extrakampine Halluzination | Eindruck eine andere, ungefährliche Person stehe hinter dem Patienten | Ungeklärt Zusammenhang mit REM-Schlafstörung diskutiert Bereits bei De-novo-PK-Patienten beschrieben Ist eher selten |
Flüchtiges Vorbeihuschen („sensation de passage“) | Flüchtiger Eindruck, eine Person oder ein Schatten befinde sich im peripheren Gesichtsfeld oder ein Vogel/Insekt fliege vorbei; Patient erkennt zumeist sofort die Unwirklichkeit, berichtet darüber erst auf Anfrage | Ungeklärt Fehlinformation/Fehlinterpretation des visuellen Inputs Vorkommen ausschließlich im peripheren Gesichtsfeld Bereits bei De-novo-PK-Patienten beschrieben Ist häufig, muss aber erfragt werden |
Visuelle Illusion | Tatsächlich wahrgenommenes Objekt wird fehlinterpretiert | Fehldeutung der Sinnhaftigkeit („salience“) Mangelhafte Lichtverhältnisse („Dämmerung“) oder emotionale Faktoren (Angst usw.) können das Auftreten begünstigen Ist häufig |
Sonderform der visuellen Illusion: Pareidolie | Fehldeutung eines leblosen Objektes als bedrohliches Lebewesen | Möglicher Hinweis auf Lewy-Körperchen-Demenz Ist eher selten |
Optische Halluzinationen im frontalen Gesichtsfeld | Menschen- oder Tiergruppe, oft repetitiv, oft nur flashartig auftretend, ohne Ichbezug | Unterschiedliche Ursachen, z. B. dopaminerge D3- und D4-Überstimulation; anticholinerge Blockierung; fehlerhafter visueller Input; Aufmerksamkeitsstörung Ist häufig |
Selektive Diplopie | Einzelobjekt oder Einzelperson wird doppelt wahrgenommen | Unterschiedliche Mechanismen: z. B. Heterophorie; mangelhafte Fusion der retinal generierten Bilder; Aufmerksamkeitsstörung Ist eher selten |
Akustische Halluzinationen | Selten isoliert; zumeist assoziiert mit visuellen Halluzinationen | Idem Fördernder Einfluss durch Presbyakusis möglich Ist eher selten |
Taktile Halluzinationen („Dermatozoenwahn“) | Perzeption eines unangenehmen Hautkontakts, z. B. durch Insekten usw. | Oft wahnhafte Deutung Vorkommen bei demenzieller Entwicklung Ist sehr selten |
Capgras-Syndrom | Bekannte Person (bes. Partner) wird als Doppelgänger betrachtet | Physiognomie wird richtig erkannt, Gefühl der Familiarität ist jedoch verloren Störung zwischen striatalem visuellem Kortex und limbischem System Ist selten |
Wahneinfälle | Beziehen sich oft auf VH, können aber auch isoliert auftreten Verfolgung und Diebstahl sind Hauptthemen | Ungeklärt Oft Vorzeichen der demenziellen Entwicklung Ist eher selten |
Sonderform der Wahneinfälle: Othello-Syndrom | Wahnhafte Eifersucht | Besonders bei jüngeren Männern Mögliche Nebenwirkung der Dopaminagonisten? Ist sehr selten |
Häufigkeit
Pathologie
Monomodale Modelle
Die dopaminerge Psychose
VH als Traumintrusion in den Wachzustand
VH infolge visueller sensorischer Deprivation
Multimodale Modelle (Abb. 1, 2 und 3)
-
das Aktivierungs-Input-Modulations-Modell (AIM) von Hobson,
-
das Modell der Perzeptions- und Aufmerksamkeitsdefizite,
-
das Modell zur Aufmerksamkeitskontrolle,
-
die Hypothese der thalamokortikalen Dysregulation (TKD).
Das AIM-Modell nach Hobson
Das Modell der Perzeptions- und Aufmerksamkeitsdefizite
Das Modell zur Aufmerksamkeitskontrolle
Die thalamokortikale Dysrhythmie
Kompensatorische Mechanismen
– Rationalisierung des Erlebten durch Selbstreflektion |
– Erforschen des Ortes der VH mithilfe anderer sensorischer Modalitäten (Ansprechen, mit einem Stock betasten usw.) |
– Diskussion des Erlebten mit Betreuer – Ansprechen der begleitenden Emotionen (z. B. Angst) mit Betreuer |
– Augenreiben – Visusverbesserung (Brille; Lichtschalter) – Verdächtiges Objekt aus näherer Entfernung nochmals betrachten |
– Humorvolle, distanzierte Schilderung des halluzinatorischen Erlebens |
Diskussion und Ausblick
Fazit für die Praxis
-
Die Ursachenkette visueller Halluzinationen bei der PK ist komplexer als bisher angenommen.
-
Dies erklärt z. B., warum nicht alle Patienten bei einer bestimmten Medikamentendosis visuelle Halluzinationen erleben.
-
Besonders Visus- und Aufmerksamkeitsdefizite rücken ins Blickfeld.
-
Funktionelle Magnetresonanztomographie kann fehlerhafte Netzwerkinteraktionen zeigen.
-
Mit dem Patienten kann die Möglichkeit selbst anwendbarer Copingstrategien besprochen werden. Diese nichtmedikamentösen Behandlungsmethoden bedürfen aber noch weiterer wissenschaftlicher Validierung.