Was können Insulinpumpensysteme leisten?

Nur ein Bruchteil der Typ-1-Diabetikerinnen und -Diabetiker erreicht langfristig HbA1c-Werte unter 7,0%. Automatische Insulinpumpensysteme haben das Potenzial, sich diesem Ziel besser anzunähern. Wird ein Typ-1-Diabetes vor dem zehnten Lebensjahr manifest, hat das erhebliche Auswirkungen auf die Lebenserwartung: Sie ist bei diesen Kindern um etwa 16 Jahre reduziert. Liegt initial auch eine Ketoazidose vor, ist der Metabolismus langfristig negativ beeinflusst. Bei frühzeitiger Diagnose eines Diabetes mellitus, vor Entwicklung einer Ketoazidose, werden höhere C-Peptid-Spiegel gemessen, die langfristig wiederum einen niedrigeren HbA1c und weniger mikrovaskuläre Komplikationen, wie Retinopathien, nach sich ziehen. „In den letzten Jahren hat die Prävalenz der Ketoazidose jedoch zugenommen, durchschnittlich um 1,6% pro Jahr“, erklärte Prof. Dr. Susanne Bechtold-Dalla Pozza von der Ludwig-Maximilians-Universität München. In einer internationalen Studie wurde während der Coronapandemie ein sprunghafter Anstieg von 27,3% im Jahr 2019 auf 39,4% im Jahr 2020 gemessen [Birkebaek NH et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2022;10:786–94]. In einer aktuellen Arbeit sind Forschende der Frage nachgegangen, ob eine frühe Versorgung der Patientinnen und Patienten mit einem Hybridpumpensystem zu einer Verbesserung der C-Peptid-Spiegel bei Typ-1-Diabetes führt [Boughton CK et al. New Engl J Med 2022;387:882–939]. Jugendliche Diabetiker wurden bei Manifestation entweder einem Closed-Loop-System mit Glukosesensor und Insulinpumpe oder einer intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) zugeteilt. Nach zwölf und 24 Monaten schnitt die Gruppe mit Closed-Loop-System nicht besser als diejenigen mit intensivierter Therapie ab. Vielmehr zeigten die Probanden mit Hybridpumpensystem initial sogar schlechtere C-Peptid-Spiegel. Bei Jugendlichen mit neu aufgetretenem Typ-1-Diabetes scheint demnach eine intensive Glukosekontrolle über 24 Monate den Rückgang der C-Peptid-Sekretion nicht zu verhindern. „Das Ziel einer Pumpentherapie ist ja ein langfristiger HbA1c unter 7,0%“, sagte Bechtold-Dalla Pozza. Doch laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2019 wird dieser Wert nur von etwa 20% der Menschen mit Typ-1-Diabetes mit einem Hybridsystem erreicht. Eine Erklärung könnte laut Bechtold-Dalla Pozza sein, dass die Closed-Loop-Systeme dem Träger noch immer einiges an Mitarbeit abverlangen, wie etwa die Eingabe der Kohlehydratmenge, die konsumiert wird, oder auch des Schlaf- bzw. Aktivitätsmodus. Zusätzlich sollte der Bolus etwa 10–15 Minuten vor der Mahlzeit abgegeben werden. Diese Eingaben fallen bei einem bionischen Pankreas weg, bei dem durch kontinuierliche Blutzuckermessung der Insulinbedarf automatisch angepasst wird. Lediglich das aktuelle Körpergewicht muss angegeben werden und zu den Mahlzeiten noch zusätzlich, ob mehr oder weniger als normalerweise verspeist wird. In einer ersten Studie an Diabetikern ab sechs Jahren erzielte die bionische Pankreaspumpe nach 13 Wochen einen um 0,5% niedrigeren HbA1c-Wert im Vergleich zu Patientinnen und Patienten, die mit Hybridpumpen oder ICT eingestellt waren [Bionic Pancreas Research Group et al. New Engl J Med 2022;387:1161–72]. Mit bionischem Pankreas lagen die Probanden zudem 2,6 Stunden länger im Zielbereich zwischen 70 und 180 mg/dl. In der nahen Zukunft könnte es demnach Systeme geben, die das Leben von Typ-1-Diabetikern erleichtern und den HbA1c-Wert langfristig adäquater senken, als es bisher der Fall ist. basierend auf: Bechtold-Dalla Pozza S. Endokrinologie/Diabetes. Pädiatrie Update; Berlin, 21. April 2023

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